Manche Bücher sind schwer zu rezensieren. Gerade, wenn sie ein Thema behandeln, das schon oft variiert erzählt wurde: Ein Europäer reist nach Japan, verliebt sich und erzählt von seiner Beziehung, die in vielen Fällen traurig ausgeht, weil die Kulturunterschiede zu groß sind.
Auch in Namiko und das Flüstern geht es um eine Beziehung zwischen zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. Während aber zum Beispiel Romane wie Mokusei oder der japanischen Verlobten dabei in der Regel auf die Verständigungsprobleme und kulturellen Unterschiede fokussieren, ist die Liebesgeschichte um Namiko eine unproblematische, stark harmonisierte, die traurig, aber gut ausgeht.
Harmonie und Ästhetik durchziehen das ganze Buch, fast scheint es, als ordnet sich die Geschichte diesen Prinzipien unter: Als der deutsche Journalist für eine Reportage über japanische Gärten nach Kyoto reist, lernt er in einem der Gärten die Germanistikstudentin Namiko kennen. Die kann zum Glück so gut Deutsch, dass sich die beiden über komplizierte philosophische Themen problemlos verständigen können.
Namiko wird zur Kulturführerin für den Deutschen, erklärt ihm die japanische Gartenkunst, die Bedeutung von Koans und die japanischen Schriftzeichen. Diese lehrreichen Passagen sind ganz nett und werden sicher alle begeistern, die sich bisher noch nicht mit japanischer Kultur beschäftigt haben. Wer sich aber schon mit diesen Themen beschäftigt hat, für den werden die Erklärungen nichts Neues sein. Gerade die Erklärung der Kanji, in der einfach verschiedene Schriftzeichen hintereinander erklärt werden, findet sich so in jedem Buch für Einsteiger (zum Beispiel diesem, was der Autor selbst auch als Quelle angibt).
Anfangs wirkt der Roman dadurch recht oberflächlich und irgendwie zusammengebastelt. Auch die Sicht des Deutschen ist etwas unsensibel: Er ist überrascht, dass Namiko sich mit so traditionellen Dingen auskennt, wo sie doch eine Großstädterin ist. Leider bleibt die Perspektive auf Japan auch etwas einseitig, ist nur auf die Aspekte gerichtet, die für uns traditionell und exotisch erscheinen.
Gleichzeitig ist dieser Schwachpunkt aber auch der Pluspunkt des Buches: Ästhetik, Harmonie und die Entfaltung einer sehr feinfühligen Liebesbeziehung können nur dann verwirklicht werden, wenn Alltägliches ausgeblendet wird. Wie Namikos Flüstern selbst ist die Erzählweise dezent, auf den ersten Blick unauffällig, aber doch kraftvoll und interessant. Die Metaphern und Bilder schaffen eine schöne Atmosphäre.
Wer also gerne in eine Geschichte abtauchen, sich entspannen und dabei ein bisschen einige Traditionen und Denkweisen Japans kennenlernen will und nichts gegen ein wenig Verklärung hat, für den wird Namiko und das Flüstern ein wunderbarer Liebesroman sein: einfühlend und rührend, aber dadurch nicht zu kitschig oder banal, wie das oft bei Geschichten, die die Emotionen ansprechen sollen, der Fall ist.
Fazit
Dieser Roman ist wie ein Hochglanzfotobuch über Japan: Sehr ästhetisch und sehr schön, dafür bietet es aber auch nur einen idealisierten Blick auf Japan.Verfasst am 17. April 2011 von Friederike Krempin
Tags: Ästhetik, Exotik, Interkulturelle Begegnung, Junge deutsche Literatur über Japan