Der erste japanische Nobelpreisträger gibt in diesem Roman einen Einblick in das traditionelle Japan. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Beziehung zwischen der Geisha Komako und dem Lebemann Shimamura, die trotz der Einsamkeit und Sehnsucht beider Charaktere unerfüllt bleibt.
Shimamura ist ein Lebemann und Ästhet. Mit einem guten Erbe ausgestattet, kann er es sich leisten, seine Zeit damit zu bringen, Übersetzungen von europäischen Schriften zu machen, die niemanden außer ihn selbst interssieren. Shimamura fühlt sich in seinem Leben nicht wohl, weshalb er in die Berge zum Wandern führt, um wieder zu sich selbst zu finden.
In einem Quellbad in den Bergen lernt er die junge Geisha Komako kennen, die sich schnell in ihn verliebt. Shimamura freut sich über ihre Besuche, doch kann er sie nicht wirklich lieben – er ist von ihr lediglich so gerührt, wie wenn er eine schöne Landschaft betrachtet. In seiner Lebensfremdheit, die sich so sehr von Komakos Lebenslust unterscheidet, wirkt er entrückt von der Welt. Er verbringt viel Zeit mit Komako, doch ihre Gespräche gehen nie richtig in die Tiefe. So kann er sich genauso wenig auf sie einlassen, wie auf seine Frau und seine Kinder, die zu Hause in Tokyo auf ihn warten.
Ein viel größerer Reiz geht für Shimamura von Yoko, einer jungen Frau mit einer sehr klaren und reinen Stimme aus, die in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zu Komako steht.
Kawabata gelingt es mit Schneeland, das traditionelle Japan für den Leser plastisch darzustellen. Die Handlung spielt ausschließlich in den Bergen, in denen die Modernisierung noch nicht angekommen ist. Kawabata beschreibt nicht nur die Beziehung zwischen Shimamura und Yoko, sondern auch die Berglandschaft und die traditionelle Lebensweise.
Mit seiner Technik der Aussparung lässt Kawabata vieles im Unklaren, unter anderem in welchem Verhältnis Komako zu Yoko steht. Es lohnt sich, den Roman mehrere Male zu lesen, da subtile Andeutungen gemacht werden, die sich erst auf den zweiten Blick erschließen.
Ein wenig aus dem Rahmen fällt hier der Schlussteil, der etwas konstruiert wirkt. Kawabata scheint die Erzählung durch Shiamuras Ausflug in ein anderes Dorf nur auszudehnen. Die dramatische Endszene, in der schließlich ein Feuer ausbricht, wird außerdem etwas schroff und übergangslos eingeleitet.
Abschreckend für diejenigen, die sich neu an japanische Literatur heranwagen möchten, kann außerdem die deutsche Übersetzung sein: die Sprache wirkt altertümlich und angestaubt. Dadurch wird der Leseeinstieg, der sich durch den sprunghaften Wechsel von mehreren Zeitebenen anfangs etwas schwierig gestaltet, noch mehr erschwert.
Fazit
Schneeland lässt uns eintauchen in das traditionelle Japan. Ein anspruchsvoller Roman, in dem man auch bei mehrmaligem Lesen immer wieder Neues entdecken kann.Verfasst am 31. März 2010 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 18. August 2019