Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß

Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß



センセイの鞄

Die 38-jährige Tsukiko lebt allein – und das soll sich ihrer Meinung nach so schnell auch nicht ändern, denn sie möchte sich auf keinen Fall binden. Doch gerade zu ihrem knapp 30 Jahre älteren ehemaligen Japanischlehrer, den sie eines Abends zufällig in einer Kneipe wiedertrifft, fühlt sie sich auf einmal hingezogen.

Anfangs treffen sich Tsukiko und ihr ehemaliger Lehrer, den sie nur sensei (höfliche Ansprache für „Lehrer”) nennt, immer zufällig in derselben Kneipe. Sie sitzen gemeinsam am Tresen, trinken und essen aber für sich. Genau diese distanzierte Beziehung scheint beiden, die alleine leben, sehr zu gefallen.

Schließlich verabreden sie sich auch außerhalb der Kneipe, gehen Pilze sammeln und besuchen das Kirschblütenfest ihrer ehemaligen Schule. Ihre Gespräche sind aber nach wie vor knapp und auf das Nötigste beschränkt. Wir erfahren weniger über ihre Gedanken als vielmehr über die Ess- und Trinkgewohnheiten der beiden.

Zwar ist auch der große Altersunterschied, der die beiden trennt, ein Thema, aber nicht das Hauptthema des Romans. Tsukiko bemerkt relativ früh, dass zwischen ihr und dem Sensei eine absolute Nähe besteht, die sie sonst zu niemandem aufbauen kann. Es geht weniger um die Überwindung des Altersunterschiedes, sondern viel mehr darum, die Bindungsangst zu überwinden und sich einem anderen Menschen zu nähern.

In in sich abgeschlossenen, episodenhaften Kapiteln entwickelt Kawakami mit präzisen, klaren Sätzen die Beziehung der beiden. Dabei kommen sich Tsukiko und der Sensei fast unbemerkt näher.

Die Handlung plätschert insgesamt sehr ruhig dahin. Es gibt zwar Handlungsumschwünge, diese kommen aber nicht allzu abrupt und überraschend. Nicht ganz in diese ruhige, realitätsnahe Erzählweise passt eine Szene gegen Ende des Romans hinein, deren surreale Atmosphäre überrascht.

Der Titel Der Himmel ist Blau, die Erde ist weiß klingt schon fast philosophisch. Der japanische Originaltitel センセイの鞄 „die Mappe des Sensei” (welche Rolle die Mappe spielt, soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden) hätte einfach besser gepasst: Der Titel ist so präzise und klar wie die Dialoge im Roman selbst und so schlicht und einfach – im positiven Sinne – wie sich die Handlung entfaltet.

Fazit

Eine ruhige, einfache Liebesgeschichte, mit vielen kulinarischen Gesprächen. Der Roman ist im wahrsten Sinne des Wortes Geschmackssache des Lesers.

Verfasst am 10. September 2009 von
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 1. Mai 2025

Weitere Bücher von Hiromi Kawakami

Alle 7 Bücher

Artikel im Blog

Zufällig ausgewählt: In Büchern stöbern

ランダムに選択しました

Japanische Jahreszeiten
Sly
Der Duft des Sake
Die Tochter des Samurai
Amae. Freiheit in Geborgenheit
Die sieben Rosen von Tokyo

Die neuesten Rezensionen

HEN NA E – Seltsame Bilder
HEN NA E – Seltsame Bilder 7. August 2025
Hiroshima. Eine Stimme aus der Hölle
Hiroshima. Eine Stimme aus der Hölle 6. August 2025
Inspektor Takeda und der tödliche Ruhm
Inspektor Takeda und der tödliche Ruhm 5. August 2025
Der letzte Papierkranich
Der letzte Papierkranich 24. Juli 2025
Inspektor Takeda und die Toten von Altona
Inspektor Takeda und die Toten von Altona 1. Juli 2025
Frau Shibatas geniale Idee
Frau Shibatas geniale Idee 17. Juni 2025
Literatur direkt aus Japan Literatur direkt aus Japan

Hier erfährst du mehr über Bücher, die es bisher nur in Japan gibt.

Bücher kaufen Wo kann ich japanische Bücher kaufen?

Ein kleiner Guide für Einsteiger

Zeitstrahl Zeitleiste

Suche dir Bücher aus nach der Zeit, in der sie spielen.

Neuerscheinungen Neuerscheinungen

Alle Neuerscheinungen für im Überblick.