Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß

Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß



先生の鞄

Kawakamis deutscher Debütroman wurde zum Bestseller. Dass erfolgreiche Romane verfilmt werden, ist ja durchaus üblich. Der japanische Künstler Jiro Taneguchi aber hat den Roman nun als Graphic Novel umgesetzt. Kann ein „Comic“ einen Roman wirklich angemessen wiedergeben?

Anders als viele Verfilmungen, die radikale Einschnitte in der Handlung vornehmen, bleibt Taneguchi sehr stark am Original. Jedes Kapitel von Kawakamis Roman setzt er in einem eigenen Kapitel um. Bilder brauchen logischerweise mehr Platz als Buchstaben. Deshalb enthält die Novel auch nur die ersten 9 Kapitel bzw. 100 Seiten aus Kawakamis Roman. Der zweite Band ist für Sommer 2011 angekündigt.

Für alle, die den Roman nicht gelesen haben: Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß ist eine ruhige, wirklich sehr ruhige Liebesgeschichte, in der es um eine Liebe zwischen zwei einsamen, kontaktscheuen Menschen geht: einer Frau Ende 30, Tsukiko, und ihrem ehemaligen Lehrer, den sie nur Sensei nennt. Wer mehr über die Handlung wissen möchte, kann die Rezension zum Roman nachlesen.

Kawakamis Roman eignet sich durch seine ruhige Erzählweise und den episodenhaften Charakter der einzelnen Kapitel (siehe Rezension) besonders gut zur Umsetzung in eine Graphic Novel. Die kurzen, knappen Dialoge der Protagonisten lassen sich gut in wenigen Sprechblasen unterbringen und lassen viel Raum für schöne, detailliert gezeichnete Bilder.

Taneguchi zeichnet in einem sehr realistischen Stil: Hintergründe sind sorgfältig ausgearbeitet, die Gesichtsausdrücke genau, die Figuren habe realistische Proportionen. Es gibt viele Bilder, die uns das städtische Tokyo näherbringen, aber auch wundervolle Naturszenen, wie etwa bei der Pilzsuche oder dem Kirschblütenfest.

Taneguchi hält sich wie schon erwähnt sehr eng an den Roman, lässt nur wenig weg und dichtet nur wenig dazu. Allerdings weichen die Aussagen der Protagonisten ein wenig voneinander ab. Ob das an der Übersetzung ins Deutsche liegt oder daran, dass Taneguchi im Japanischen schon Abweichungen eingebaut hat, lässt sich nicht sagen. Die Abweichungen sind im Grunde nicht gravierend. Als Tsukiko zum Beispiel zum Sensei sagt, er sei altmodisch, antwortet er im Buch, das sei besser als modrig (S. 14) – in der Graphic Novel heißt es dagegen bestimmter: „Das will ich doch hoffen.“ (S.32)

Anfangs ist es ein wenig schwer, in die Graphic Novel einzutauchen. Wenn man sich aber darauf einlässt und sich stärker auf die Bilder konzentriert, erschließt sich eine vollkommen neue Lesart für den Roman. Wenn man die Graphic Novel liest, versteht man den Roman besser. Aber auch ohne dass man Kawakamis Roman kennt, ist diese Novel ein anspruchsvoller „Comic für Erwachsene“, der uns die japanische Zeichenkultur ohne große Kulleraugen und übertriebene Mimik näherbringt.

Fazit

Taneguchis zeichnerische Umsetzung von Kawakamis Roman ist so fein und einfühlsam wie ihre Sprache selbst. Eine ansprechende Umsetzung!

Verfasst am 26. Februar 2011 von
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 22. August 2019

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