Die Geschichte, die erzählt wird, ist eigentlich ganz einfach: Junge Japanerinnen machen sich auf nach Amerika, um dort einen japanischen Ehemann zu heiraten. Aber die Art und Weise, wie Julie Otsuka diese Geschichte ausgestaltet, ist eine ganz besondere.
Otsuka erzählt die Geschichte einer ganzen Generation. In dieser Geschichte gibt es zwar vereinzelt Namen und Figuren, aber keine sticht als Individuum hervor. Kein Lebensfaden lässt sich durch das Buch mitverfolgen. Es sind kollektive Erlebnisse, die Otsuka in der Wir-Perspektive beschreibt. Mehrere Frauenschicksale werden so gleichzeitig beschrieben. Es sind vor allem Formulierungen wie einige von uns… und einige … oder eine von uns, die immer wieder auftauchen.
Ein gutes Beispiel für diesen Kollektiv-Erzählstil ist besonders folgendes Beispiel:
Zugegeben, ein wenig befremdlich ist diese Erzählweise, zumal es nicht möglich wird, mit den Figuren mitzufühlen. Eine Frau hat Glück mit ihrem Mann, die andere ist unzufrieden. Eine hat eine Affäre, die andere bringt sich um. Otsuka gibt immer die Vielzahl an Möglichkeiten wieder.
Trotzdem schafft sie es – und das ist so faszinierend an diesem Roman – die Einzelschicksale in einem Strang zu bündeln. Die Frauen vereint letztlich alle, dass sie es nicht schaffen, richtig in Amerika anzukommen. Dazu setzt der Zweite Weltkrieg ihrer Integration ein Ende: Die japanischen Familien werden der Kriegsspionage bezichtigt und in Lager deportiert. Zurück bleibt Leere, als hätte es die Japaner in Amerika nie gegeben.
Wen übrigens gerade der Aspekt interessiert, wie es Japanern während des Zweiten Weltkrieges in Amerika ging, für den dürfe auch der Roman Keiko interessant sein, der das Einzelschicksal einer deportierten japanischen Familie genauer beleuchtet.
Fazit
Nicht unbedingt der Inhalt, sondern wie die Autorin mit Erzählperspektiven experimentiert, macht den Reiz dieses Romans aus.Verfasst am 10. Juli 2012 von Friederike Krempin
Tags: Japaner in Amerika, Julie Otsuka