Togawas Romane stechen deutlich aus der Masse an Kriminalromanen hervor. Ihre Geschichten sind unkonventionell im Aufbau, schicken den Leser auf falsche Fährten und offenbaren ihm am Ende Wahrheiten, die nicht immer absolut sind. Mit Trübe Wasser legt der Unionsverlag nun einen weiteren Roman von Togawa wieder auf.
Im Mittelpunkt der Erzählung steht ein Psychoanalytiker, der im Interesse seines Patienten versucht, einen Mordfall zu rekonstruieren, der gar nicht geschehen ist. Sein Patient ist fest davon überzeugt, eine Frau mit einem langen Gewehr erschossen zu haben. Da diese Frau aber noch lebt, vermutet der Psychoanalytiker stattdessen eine Vergewaltigung. Aber die Frau bestreitet, dass es überhaupt zu irgendwelchen Problemen zwischen den beiden kam.
Schnell rutscht der Arzt in ein Netz aus Vermutungen und unberechenbaren Verdächtigen, die alle psychisch eine Störung zu haben scheinen. Er selbst kann sich dem Sog nicht widersetzen, fühlt sich von weiblichen Verdächtigen sexuell angezogen und lässt sich mit manchen auf eine Nacht im Hotel ein. Die Grenze zwischen seiner professionellen Rolle als Arzt und zwischen ihm als Privatperson verwischt zusehends.
Togawa erzählt diesen Kriminalfall in gewohnt hoher Qualität, verwickelt den Protagonisten sowie den Leser immer tiefer in ein undurchsichtiges Netz an Darstellungen und überrascht schließlich mit einer simplen, aber doch unerwarteten Auflösung des Falles. Besonders raffiniert gestaltet sie den Übergang des Psychoanalytikers vom normalem Beobachter hin zur selbst involvierten Person, die sich gegen ihre Triebstrukturen nicht wehren kann.
Im Vergleich zu Schwestern der Nacht und der Hauptschlüssel ist dieser Roman aber simpler angelegt: Es gibt keine Perspektivenwechsel und auch keine zeitlichen Sprünge. Erzählt wird chronologisch aus der Sicht des Psychoanalytikers. Dies lässt den Roman im Vergleich zu seinen Vorgängern weniger innovativ wirken, unterhalten wird aber trotzdem immer noch auf hohem Niveau.
Fazit
Wie gewohnt ist auch dieser Krimi von Masako Togawa wieder unkonventionell erfrischend und einfallsreich, aber nicht ganz so genial wie seine Vorgänger.Verfasst am 9. August 2012 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 23. August 2019