Es ist immer wieder ein Ereignis, wenn ein Autor, der in Japan längst zu den Klassikern zählt, auch uns Lesern in Deutschland erstmals durch eine Übersetzung zugänglich gemacht wird.
Seishi Yokomizo, der in Japan für seine Kriminalromane bekannt ist und dieses Genre nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend mitprägte, gehört zu diesen Autoren. Auch wenn er bereits 1981 verstorben ist, werden seine Bücher – darunter die 77 Bände umfassende Kindaichi-Reihe, von denen dieses Buch der erste Teil ist – immer wieder aufgelegt.
Die rätselhaften Honjin-Morde spielt 1937 in einer ländlichen Gegend Japans. Hier wohnt die angesehene Ichiyanagi-Familie, die ihr Ansehen noch immer daraus zieht, bis ins 19. Jahrhundert ein Honjin, eine Art Hotel, in dem Adelige übernachten, betrieben zu haben.
Als der Sohn der Familie an einem kalten Wintertag heiratet, werden er und seine Frau in der Mordnacht brutal in ihrem Schlafraum erstochen. Doch es gibt keinerlei Hinweise, wie der Mörder in den Raum hinein und wieder hinausgekommen ist.
Locked-Room-Krimis wie diesen gibt es viele, besonders an Die rätselhaften Honjin-Morde ist aber vor allem die Erzählweise. Yokomizo geht von Anfang an auf eine Metaebene und erzählt von sich als Schriftsteller, dem der Mordfall zugetragen wurde. Er bindet eine Skizze des Tatorts und Berichte der Zeugen ein. Durch diesen geschickten Dreh scheint der Mord plötzlich real zu werden. Zugleich findet sich wenig emotionales in diesem Roman. Yokomizo bleibt kühl, sezierend und detailliert. Man muss diesen Schreibstil also mögen, um Freude an dem – insgesamt doch recht kurzen – Mordfall zu haben.
Der historische Hintergrund, der Einblick in das ländliche Leben, die Sitten und Gebräuche der damaligen Zeit machen den Roman aber auf jeden Fall zu einem spannenden Krimi für Japanfans.
Es bleibt zu hoffen, dass der Blumenbar-Verlag die weiteren, bisher nur auf Englisch veröffentlichen Romane in den kommenden Jahren ebenfalls herausbringen wird.
Fazit
Ein spannender Krimi mit historischen Bezügen und in Japan bereits ein Krimi-KlassikerVerfasst am 23. Dezember 2022 von Friederike Krempin
Tags: Krimi mit Logik, Landleben, Seishi Yokomizo