Nicht länger ein Mensch (in Deutschland auch bereits bekannt unter den Titeln No langer human und Gezeichnet) gehört zu den Klassikern japanischer Literatur. Nachdem das ursprüngliche Werk inzwischen gemeinfrei ist, sind diverse deutsche Übersetzungen verfügbar. Nachdem Suhrkamp im letzten Jahr eine Übersetzung aus dem Jahr 1997 neu aufgelegt hat, erscheint bei Anaconda nun eine komplette Neuübersetzung.
Zum Roman selbst, den Osamu Dazai als letztes Werk kurz vor seinem Tod verfasste und der über 75 Jahre nach seiner Veröffentlichung nichts von seiner Faszination eingebüßt hat, gibt es bereits mit dieser Rezension auf japanliteratur.net eine ausführliche Zusammenfassung.
Um eine kleine Hilfestellung bei der Auswahl der Ausgabe zu geben, habe ich das Einstiegskapitel der Übersetzung aus dem Anaconda-Verlag (aktuelle Übersetzung) mit dem Einstiegskapitel aus dem Suhrkamp-Verlag (Übersetzung aus dem Jahr 1997) im Folgenden miteinander verglichen. Die Zahlen in Klammern verweisen auf die jeweiligen Seiten der Druckausgabe.
Suhrkamp-Ausgabe | Anaconda-Ausgabe |
unheimlich (7) | verstörend (5) |
Das Lächeln eines Affen (8) | ein Affe mit einem Affenlächeln (6) |
Runzelbankert (8) | Fratzenbübchen (6) |
Hässlicher Gesichtsausdruck (8) | sonderbarer Gesichtsausdruck (6) |
Grotesk verwandelt (8) | wundersam verändert (6) |
raffiniert ausgeführtes Lächeln (8) | kunstvoll aufpoliertes Lächeln (6) |
Die letzte Fotografie war die widerwärtigste (9) | Das letzte Bild ist das Sonderbarste(7) |
Garstige, unglückverheißende Fotografie (9) | Diesem Foto hängt ein Hauch des Unheils an (7) |
merkwürdiges Gesicht (10) | sonderbarer Gesichtsausdruck (8) |
Vergleicht man die Beispiele aus den beiden Übersetzungen, so gibt es feine Unterschiede in den Bedeutungsnuancen. Die ältere Variante aus dem Jahr 1997 stellt – zumindest, wenn man nur die ersten Seiten betrachtet – den Protagonisten nach meinem Empfinden durch Wörter wie „widerwärtig“ und „hässlich“ deutlich unsympathischer dar. Auch scheint die 28 Jahre jüngere Übersetzung – wohl auch ihrem Alter geschuldet – etwas moderner und flüssiger: ein Wort wie Bankert findet man hier nicht. Beide Versionen haben nebeneinander ihre Berechtigung. Im Zweifel ist und bleibt Nicht länger ein Mensch einfach ein Klassiker, den man – in welcher Ausgabe auch immer – gelesen haben sollte.
Fazit
Ein Klassiker für jede Japan-Leseliste!Verfasst am 16. April 2025 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 4. Mai 2025