Bisher ist Keigo Higashino in Deutschland vor allem für seine intelligenten, logisch-kombinierenden Krimis bekannt. Mit Kleine Wunder um Mitternacht veröffentlicht der Limes-Verlag nun erstmals einen Feel-Good-Roman des Autors.
Im Mittelpunkt steht der seit mehr als 30 Jahren geschlossene Gemischtwarenladen Namiya. Yuji Namiya hatte in den 1970er Jahren die Tradition ins Leben gerufen, Menschen, die in ihrem Leben vor großen Entscheidungen stehen, anonym zu beraten. Dafür können sie einen Brief mit ihrem Problem am Abend in einen Schlitz im Rolladen seines Geschäfts werfen und erhalten am nächste Morgen eine schriftliche Antwort, die sie sich in einem Milchkasten vor dem Geschäft abholen können.
Was den Laden so besonders macht, ist eine Art Riss im Raum-Zeit-Kontinuum: Briefe können sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft reisen. Dies bewirkt eine Verquickung unterschiedlicher Zeitebenen, durch die ungewollt eines Nachts drei Kleinkriminelle ebenfalls zu ungewollten Beratern werden.
Shota, Kohei und Atsuya haben keine Berufsperspektive und versuchen, sich als Kleinkriminelle durchs Leben zu schlagen. Nach einer geglückten Diebestour springt ihr Fluchtauto nicht mehr an und sie verstecken sich in Namiyas leerstehendem Laden. Prompt flattert ein Brief durch den Briefschlitz. In diesem bittet eine Frau mit dem Pseudonym „Mondhase“ um einen Rat, wie sie die letzten Wochen mit ihrem schwerkranken Verlobten verbringen soll.
Der Roman ist in insgesamt fünf Kapitel untergliedert, in denen jeweils unterschiedliche persönliche Schicksale thematisiert werden. Teilweise kommen die Ratschläge von den drei Kleinkriminellen, teilweise auch von Namiya selbst, denn der Roman springt zwischen unterschiedlichen Zeit- und Handlungsebenen. Die Schicksale der Personen, die bei Herr Namiya einen Rat suchen, sind zudem miteinander verknüpft. Die einzelnen Kapitel sind somit nicht einzelne Episoden, sondern bauen aufeinander auf.
Am Ende gehen fast alle Geschichten gut aus und fügen sich zu einem großen Ganzen zusammen. Der ein oder andere könnte den Roman stellenweise als kitschig bezeichnen, unter den vielen Feel-Good-Romanen, die momentan auf dem Markt erhältlich sind, sticht der Roman jedoch durch seine gelungene Gesamtkomposition heraus.
Fazit
Die versprochenen Wunder werden eingelöst. Ein ruhiger, klug komponierter Roman über verschiedene Lebenswege, die sich trotz großer Schwierigkeiten schließlich zum Guten wenden.Verfasst am 14. Januar 2025 von Friederike Krempin