Fuyuko ist 34 Jahre alt und freiberufliche Korrektorin. Sie hat keine Freunde, keine Hobbys und weiß nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Doch zwei Begegnungen holen sie aus ihrer Lethargie.
Zum einen ist es die Begegnung mit der eher unkonventionellen Hijiri, die ihr Leben entgegen der üblichen Erwartungen – auch in sexueller Hinsicht – sehr freizügig gestaltet. Im Vergleich fühlt sich Fuyuko minderwertig und beginnt zu trinken.
In einer Art Weiterbildungszentrum lernt sie zum anderen den 58-jährigen Lehrer Mitsutsuka kennen, als sie sich gerade übergeben muss. Auf einem sehr steifen, ziemlich hölzernen Weg entwickeln die beiden allmählich eine Freundschaft und Fuyuko verliebt sich – zum allerersten Mal in ihrem Leben.
Personen, die nicht den gängigen gesellschaftlichen Normen entsprechen, etwas außerhalb stehen oder ihre Rollen hinterfragen, sind in Mieko Kawakamis Romanen nicht neu. Chronologisch gesehen ist aber auch All die Liebenden der Nacht nicht neu, sondern wurde bereits 2011 veröffentlicht.
Dies merkt man dem Roman ein wenig an: Auch wenn die Erzählweise ruhig ist, auch wenn die Worte gut gewählt und die Dialoge mit Liebe zum Detail gestaltet sind, fehlt es dem – recht kurzen – Roman ein wenig an dem Gewissen Etwas, das die Spannung beim Lesen aufrechterhält.
Vielleicht liegt es auch an der Situation der Protagonistin Fuyuko und ihrem Innenleben. Fuyuko ist verschlossen, gehemmt und im Umgang mit anderen eher linkisch. Ihr Charakter bietet nur wenig Spielraum für eine wirklich überraschende Entwicklung. Und auch zum Schluss gibt es kein Happy End, sondern Fuyuko muss sich wieder neu arrangieren.
Man kann in diesen Roman viele Aspekte hineininterpretieren und ihm in dieser Hinsicht sicher einiges abgewinnen. Jedoch fehlt es gerade in der zweiten Hälfte an der Spannung, die einen wirklich in eine Geschichte eintauchen lässt.
Fazit
Ein auf den ersten Blick nicht immer einfach zugänglicher Roman über Einsamkeit, weibliche Rollenbilder und Freundschaft.Verfasst am 14. Juni 2023 von Friederike Krempin
Tags: Einsamkeit, Liebe mit Altersunterschied, Mieko Kawakami