Tokyo ist die größte Metropole der Welt – so groß, dass selbst ihre Einwohner die Stadt wohl kaum jemals vollständig kennen können. Abseits der bekannten Wege streifte Masayuki Kusumi durch die Stadt und hielt ihre Erlebnisse zusammen mit Jiro Taniguchi in einem Comic fest.
Dass ausgerechnet Jiro Taniguchi an einem Comic mitarbeitet, in dem es um das ziellose Herumschlendern, das Entdecken einfacher Dinge beim Spazieren geht, ist wohl kein Zufall. Unter dem Titel der Spazierende Mann veröffentlichte er zu Beginn der 90er einen ganz ähnlichen Titel, bei dem es weniger darum gut, eine durchgehende Geschichte zu erzählen, als vielmehr die kleinen Entdeckungen beim Spazieren festzuhalten. Auch Kusumi ist von dieser Idee begeistert:
In Taniguchi findet sie so für ihr eigenes Projekt wahrscheinlich den idealen Arbeitspartner. Eine gewisse Ähnlichkeit ist damit aber beiden Titeln auch ganz klar anzumerken.
In kurzen Episoden wird erzählt, wie ein Mann durch die Straßen schlendert. Mal, weil er einen Hund ausführt, mal, weil er den Bus verpasst hat und zu Fuß weitergeht. Dabei trifft er alte Freunde wieder, entdeckt kleine Restaurants oder kommt an Orte, die er von früher ganz anders in Erinnerung hatte.
Taniguchis Bilder sind ein Kontrast zu herkömmlichen Mangas, sie entschleunigen, halten Kleinigkeiten fest. Jedes Bild will genau betrachtet werden. Lag vorher schon ein Fokus auf den Dialogen und dazugehörigen Bildern, wird beim Spazierengenen selbst das Bild zum eigentlichen Inhalt, die Texte sind nur noch Beiwerk.
Die insgesamt nur 87 Seiten Comic sind schnell durchgelesen beziehungsweise durchgeschaut. Immerhin gibt es Zusatzmaterial: Ein Nachwort zur Entstehung des Buches und Kommentare zu jedem einzelnen Kapitel ergänzen den doch recht schmalen Band, der ein wenig wie eine neue Folge vom Spazierenden Mann wirkt.
Persönliche Anmerkung:
Ich musste schmunzeln, denn das, was ich auf den Spaziergängen erlebt habe, hat mich an meine eigenen Erkundungstouren in Japan erinnert. Südlich vom Nakano Broadway, das (es handelt sich hier um ein Gebäude) dem Buch seinen Namen gibt, habe auch ich im Frühjahr 2011 einen Spaziergang gemacht und meine Eindrücke dazu, die der „Nakano Broadway“ nun wieder wachgerufen hat, in einem kleinen Fotobeitrag festgehalten.
Fazit
Gewohnte Taniguchi-Qualität, die aber leider wie nur neu aufgewärmt wirkt.Verfasst am 12. Dezember 2012 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 23. August 2019