Schon wenige Monate nach dem ersten Band erschien die Fortsetzung von Haruki Murakamis Die Ermordung des Commendatore. Ohne den ersten Teil wird der zweite aber nicht verständlich.
Der zweite und letzte Band von Die Ermordung des Commendatore beginnt unvermittelt und setzt nahtlos beim Ende von Band 1 an. Dies erkennt man auch daran, dass das erste Kapitel im Buch mit einer 33 betitelt ist. Inhaltlich gäbe es eigentlich keinen Grund, die beiden Bücher zu trennen. Dumont hat sich hier lediglich an der Veröffentlichungspraxis der japanischen Ausgabe orientiert, die ebenfalls in zwei Teilen erschienen ist.
Es macht also nur wenig Sinn, Eine Metapher wandelt sich ohne den ersten Teil Eine Idee erscheint zu lesen. Genauso ist auch eine Rezension ohne Bezug auf den ersten Band unmöglich: In der Rezension zum ersten Band hatte ich vor allem kritisiert, dass der Commendatore eine Art Best Of Murakamis bisheriger Romane sei und ihm die Innovation fehle. Da Band 2 aber nochmal volle 500 Seiten umfasst, hatte ich die Hoffnung, dass sich dies im zweiten Teil ändern würde.
Genau wie im ersten Teil geht es aber mit der ruhigen Erzählstimmung weiter. Es kommen zwar neue Handlungselemente hinzu, aber auch diese erinnern stark an frühere Romane. Als der Protagonist beispielsweise erfährt, dass seine Exfrau schwanger ist, überlegt er, ob das Kind von ihm sein kann, obwohl er sie seit Monaten nicht mehr gesehen hat und er als Vater biologisch eigentlich ausgeschlossen wäre. Wer aber beispielsweise Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki gelesen hat, kann schon ahnen, wie er es trotzdem geschafft haben könnte, seine Frau zu schwängern.
Schließlich verschwindet eine Person und der Protagonist muss sie finden, indem er eine dunkle, unterirdische Welt durchquert. Genau an dieser Stelle bietet der Roman dann doch noch eine Überraschung. Dass Murakamis Helden in eine Parallelwelt abtauchen müssen, um jemanden wieder in die Wirklichkeit zu holen oder um sich selbst wieder klar zu werden, was sie im leben wollen, ist nichts Neues. Dieser Prozess wurde aber noch in keinem der Bücher von Murakami so ausführlich beschrieben wie in Die Ermordung des Commendatore.
Die Ermordung des Commendatore ist an Murakami-Maßstäben gemessen trotz allem nur ein eher durchschnittlicher Roman. Auf 1.000 Seiten wird erzählt, was man sicher auch auf der Hälfte abhandeln könnte. Doch Murakami nimmt sich die Zeit, um eine ruhige Handlung aufzubauen. Wer Lust hat auf einen einsamen Urlaub in den Bergen mit mysteriösen Ereignissen, kann in den beiden Romanen herrlich abtauchen.
Fazit
Mit einigen Längen erzählt Murakami auf gewohnt qualitativ solide Weise. Insgesamt ein gutes Buch, es gibt aber weitaus bessere Romane von ihm.Verfasst am 4. September 2019 von Friederike Krempin