Tanz mit dem Schafsmann ist – wie der Name vielleicht schon erahnen lässt – die Fortsetzung von Murakamis Wilder Schafsjagd. Vier Jahre nach den Ereignissen des letzten Romans hat sich der namenlose Hauptcharakter wieder ins normale Leben eingefunden.
Doch ganz zufrieden ist er mit diesem Leben, in dem er als freier Journalist arbeitet, nicht. Er versucht deshalb, seine Freundin wiederzufinden, die damals vom Schafsmann vertrieben wurde. Dazu kehrt er an den Ort zurück, wo sie zuletzt gesehen wurde: in das Hotel Delfin in Sapporo. Doch er findet nicht sie, sondern stößt erneut auf den Schafsmann.
Das Hotel Delfin, das klein, schmuddelig und unscheinbar war, hat sich in den letzten 4 Jahren auf mysteriöse weise verändert: Das kleine Hotel musste einem großen Luxushotelkomplex mit über 20 Stockwerken weichen. Doch irgendwas stimmt dort nicht. Die Mitarbeiter des Hotels wollen keine Auskünfte über das alte Hotel geben, es scheint nie existiert zu haben. Nur eine Hotelangestellte vertraut sich dem Erzähler an und berichtet, dass es im Hotel anscheinend spukt.
Tanz mit dem Schafsmann fängt zu Beginn gleich spannend an und enthält die bei Murakami typischen oft unverständlichen, surrealen Elemente. Doch die gruselig-spannende Episode im Hotel macht nur einen kleinen Teil des Buches aus. Den größten Teil nimmt die Suche des Erzählers nach seiner Freundin – fern ab von Sapporo im vertrauten Tokyo – ein. Während der Suche nach ihr stößt er auf immer mehr eigenartige Menschen: Ein 13-jähriges Mädchen, das von ihren Eltern vergessen wurde und mit dem er kurzerhand in den Urlaub nach Hawaii fährt. Prostituierte, die wie Monate (May und June) heißen und plötzlich verschwinden. Und schließlich ein alter Freund und Filmstar, der sein Luxusleben satt hat.
Der Erzähler scheint sich in diesen Episoden, die wie Nebenschauplätze wirken, zu verlieren. Die Erzählung wirkt ausschweifend und wird teilweise auch so langweilig, dass man gerne auch mal einen Absatz überspringt. Doch diese Abschweifungen scheinen beabsichtigt zu sein: je mehr der Erzähler nämlich nach seiner Freundin sucht, desto mehr entfremdet er sich der Realität, wird zum Spielball der Ereignisse. Nichts in diesem Buch wird vom Erzähler selbst vorangetrieben, sondern es sind immer wieder Zufälle, die ihn auf die Spur seiner Freundin bringen.
Rat Triology
Tanz mit dem Schafsmann ist der dritte Teil der Rat Triology. Wilde Schafsjagd bildet den zweiten Teil, den man unbedingt vor Tanz mit dem Schafsmann lesen sollte, da die Hintergrundgeschichte dann verständlicher wird. Der erste Teil Wenn der Wind singt ist für das Verständnis dagegen nicht zwingen notwendig. Die Trilogie im Überblick:
- 1: Wenn der Wind singt
- 2: Wilde Schafsjagd
- 3: Tanz mit dem Schafsmann
Fazit
Wie schon in Wilde Schafsjagd begibt sich der Erzähler auf die Suche - diesmal nach seiner Freundin - und entfernt sich immer mehr von der Realität.Verfasst am 15. Februar 2010 von Friederike Krempin
Tags: Haruki Murakami, Hawaii, Parallelwelt, Realitätsverlust, Sapporo, Schafsmann