Mit diesem Buch unternimmt die bekannte Japanologin Irmela Hijiya-Kirschnereit den Versuch, einen Überblick über die in Deutschland verfügbare japanische Literatur zu geben. So viel kann gleich vorweggenommen werden: der Versuch ist ihr gelungen!
In prägnanter, unterhaltsamer, so gar nicht wissenschaftlich verkomplizierter Sprache liest sich dieses Buch, das aus Aufsätzen und Buchbesprechungen von Hijiya-Kirschnereit zusammengesetzt ist.
Das Buch ist dreiteilig aufgebaut: ein Einführungsteil informiert über Literatur im Allgemeinen, japanische Literatur im Speziellen und Übersetzungspraktiken. Der zweite Teil besteht aus Essays zu bestimmten Themen, Autoren und Büchern. Er hat ungefähr denselben Umfang wie der dritte Teil, in dem 38 Buchbesprechungen gesammelt sind.
Die Buchbesprechungen sind chronologisch geordnet. Von den Klassikern bis zur Gegenwart gibt es aus jedem Jahrzehnt und zu fast jedem ins Deutsche übersetzten Autor mindestens eine Buchbesprechung. Die Buchbesprechungen geben also einen guten ersten Überblick über die Palette japanische Bücher auf dem deutschen Buchmarkt.
Ein weiterer Vorteil ist die Aktualität: momentan ist Ausgekochtes Wunderland das aktuellste Buch (die letzte Rezension ist After Dark aus dem Jahr 2004), das einen Überblick über japanische Literatur bietet – und das gleich umfassend – allerdings mit Schwerpunkt auf dem Zeitraum nach 1960.
Mit seinen 214 Seiten ist Ausgekochtes Wunderland zwar äußerst Kompakt und bietet nicht so viel Tiefenwissen wie Japanische Gegenwartsliteratur, dafür bespricht es aber auch mehr Autoren. Wer sich also einen Überblick verschaffen will, sollte zum Ausgekochten Wunderland greifen, wer dagegen spezielle Informationen zu einem japanischen Autor sucht, sollte Japanische Gegenwartsliteratur als Lektüre wählen (zu den Autoren, die dort besprochen werden, s. Rezension).
Einziger Wermutstropfen ist, dass das Buch trotz des hohen Preises in einem labberigen Pappband und Seiten, die an Recyclingpapier denken lassen, daherkommt. Schade bei einem so informativen Buch, das man wohl immer mal wieder zur Hand nehmen wird, um Informationen nachzulesen.
Besprochene Autoren und Bücher
- Abe, Kôbô: Der Schachtelmann, Der verbrannte Stadtplan
- Akasaka, Mari: Vibration
- Akutagawa, Ryûnosuke: Das Leben eines Narren
- Dazai, Osamu: Gezeichnet
- Endô, Shûsaku: Sünde, Eine Klinik in Tokio
- Higashino, Keigo: Mord am See
- Ikezawa, Natsuki: Aufstieg und Fall des Macias Guili
- Ishimure, Michiko: Paradies im Meer der Qualen Unsere Minamata-Krankheit
- Itô, Hiromi: Mutter töten
- Katô, Shûichi: Schafsgesänge – Begegnungen mit Europa
- Kawabata, Yasunari: Schönheit und Trauer, Handtellergeschichten, Schneeland
- Kawakami, Hiromi: Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß
- Kirino, Natsuo: Die Umarmung des Todes
- Kôno, Taeko: Riskante Begierden, Knabenjagd
- Maruya, Saiichi: Die Journalistin
- Matsuo, Bashô: Sarumino – Das Affenmäntelchen
- Mishima, Yukio: Der Tempel der Morgendämmerung, Unter dem Sturmgott, Die Todesmale des Engels, Nach dem Bankett, Liebesdurst
- Murakami, Haruki: Afterdark, Der Elefant verschwindet, Wilde Schafsjagd
- Natsume, Sôseki: Das Graskissen-Buch
- Nosaka, Akiyuki: Das Grab der Leuchtkäfer. Zwei Erzählungen
- Ôba, Minako: Tanze, Schnecke, tanz. Erinnerungen
- Ôe, Kenzaburô: Grüner Baum in Flammen, Tagame: Berlin – Tokyo, Melancholie und Brutalität
- Ogawa, Yôko: Der Ringfinger, Hotel Iris
- Okuizumi, Hikaru: Das Gedächtnis der Steine
- Ôoka, Shôhei: Feuer im Grasland
- Saegusa, Kazuko: Der Sommer an jenem Tag
- Shiba, Ryôtarô: Der letzte Shôgun
- Tanizaki, Jun`ichirô: Die Geheime Geschichte des Fürsten von Musashi
- Tsutsui, Yasutaka: Mein Blut ist das Blut eines anderen
- Yasushi, Inoue: Meine Mutter
- Yôko, Mori: Sommerliebe
- Yoshimoto, Banana: Kitchen
- Yoshimura, Akira: Unauslöschlich, Schiffbruch
Fazit
Das aktuellste und übersichtlichste Buch zu japanischer Literatur (Schwerpunkt ab 1960), das in keinem Bücherregal fehlen sollte!Verfasst am 26. Mai 2010 von Friederike Krempin