Gute Seide ist so hauchzart, dass sie wie ein fast unmerklicher Luftzug über die Haut streicht und sie umschmeichelt. Auch diese Novelle ist in ihren schlichten Sätzen und der auf ein Minimum reduzierten Handlung genau wie Seide nicht richtig greifbar und doch irgendwie faszinierend.
Hervé Joncour ist Seidenhändler in einem französischen Städtchen. Als die Seidenraupenzucht eingeht, beschließt er etwas zu tun, was noch keiner vor ihm getan hat: Ans „Ende der Welt“ zu fahren und in Japan Seidenraupen zu kaufen.
1861 reist er das erste mal nach Japan. Doch es werden noch drei weitere Male werden. Nichts wird von Japan beschrieben. Einzig der Reiseweg hin und zurück wird bei jeder Reise immer wiederholt. Aber nichts vom exotischen, faszinierenden Japan. Nur eine Sache fasziniert Joncour: die Junge Frau seines Handelspartners. Kein Wort tauschen die beiden aus, nur Blicke. Einen Handschuh lässt er liegen. Und sie überbringt ihm einen Zettel: „Komm wieder, oder ich sterbe.“
Barricco arbeitet mit einem sehr einfachen Satzbau. Auch die Handlung ist stark reduziert, so aber zugleich konzentriert. Beschreibungen der Umgebung gibt es so gut wie keine. Wer an dieses Buch wie an einen Roman herangeht, wird bitter enttäuscht. Wer sich aber darauf einlässt, erlebt in gut einer Stunde Lesezeit eine Geschichte über Liebe und das Reisen ohne große Um- und Abschweifungen. Und vor allem über das Gefühl, dass Liebe und Reisen verbindet: „Vor Sehnsucht nach etwas zu vergehen, das man nie erleben wird.“
Fazit
Kurz knapp, konzentriert erzählt. Japan hat mit dieser Geschichte eigentlich nicht viel zu tun, ist vielmehr Platzhalter für das Ende der Welt, etwas Unerreichbares.Verfasst am 18. Mai 2011 von Friederike Krempin
Tags: Exotik