Obwohl Kobo Abes Romane stilistisch außergewöhnlich, skurril und großartig sind und auch heute noch nichts von ihrer Modernität eingebüßt haben, sind sie nur noch antiquarisch zu bekommen. Sein bekanntester Roman, Die Frau in den Dünen ist nun endlich wieder als Taschenbuch erhältlich.
Der Unionsverlag ist bekannt dafür, Krimis zu veröffentlichen. Augenscheinlich könnte man Die Frau in den Dünen auch für einen solchen halten, denn am Anfang steht das spurlose Verschwinden eines Insektensammlers. Er wird offiziell für tot erklärt, was tatsächlich passiert ist, verrät Abe nun im Roman.
Der Insektensammler nutzt ein paar freie Tage, um ans Meer zu fahren. Dort stößt er auf ein Dorf, das von den Naturgewalten bestimmt wird – genauer: dem Sand. Der Sand dringt durch die Ritzen der Häuser, häuft sich davor an und legt sich nachts auf die Haut der Menschen.
Die verschworene Dorfgemeinschaft begegnet dem Neuankömmling zunächst misstrauisch, als aber klar wird, dass er nicht in irgendeiner offiziellen Sache von der Regierung geschickt wurde, gestatten sie ihm, im Dorf zu übernachten. Eine Frau, die alleine wohnt, nimmt ihn bei sich auf.
Doch am nächsten Morgen wird klar, warum die Dorfbewohner do verschlossen sind: Die Falle ist zugeschnappt und der Mann soll gemeinsam mit der Frau im Dorf eine Familie gründen und tun, was alle tun – gegen den Sand ankämpfen.
Die Stimmung ist zunächst nicht unfreundlich, aber trotzdem recht düster. Die Natur ist rau und feindlich und die Dorfbewohner leben unter primitivsten Bedingungen, ohne Strom und fließend Wasser und sind dem Sand ausgeliefert. Es gibt keinerlei Kontakt zur Außenwelt, der Insektensammler ist im Haus der Frau hinter einer riesigen Sanddüne gefangen. Sie bietet ihm ihren Körper an, um ihn für das Dorf zu gewinnen, aber er sinnt nur über die Flucht nach.
Die Dorfbewohner aber bleiben unnachgiebig, sie sehen seinen Wert für die Dorfgemeinschaft als größer an als seine individuellen Bedürfnisse. Abe erzeugt mit dieser Szenerie eine merkwürdige, einzigartige Stimmung. Es ist kein Wunder, dass er mit diesem Buch so bekannt wurde.
Fazit
Ein Klassiker, der in keiner Sammlung japanischer Literatur fehlen sollte.Verfasst am 15. Juli 2019 von Friederike Krempin
Tags: Dorfgemeinschaft, Isolation, Kobo Abe, Surreales