Lazyboy

Lazyboy



Nachdem Murakami in Deutschland spätestens mit 1Q84 noch einmal seinen Bekanntheitsgrad gesteigert hat, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich nicht nur Leser von ihm unterhalten, sondern auch Schriftsteller inspirieren lassen.

Michael Weins setzt seinem Buch ein Zitat aus Hard-Boiled Wonderland voraus und wandelt damit eindeutig auf Murakamis Spuren. Aber eine bloße Kopie ist sein Roman keinesfalls.

Der Protagonist Lazyboy, eigentlich Heiner Boie, gehört zur Generation „irgendwas-mit-Medien“. Lazyboy ist im wahrsten Sinne des Wortes lazy. Als freier Journalist rezensiert er Schallplatten, nimmt Drogen jeglicher Art und drückt sich immer wieder davor, mit seiner langjährigen Freundin Monika zusammenzuziehen.

Natürlich glaubt sie ihm deshalb auch nicht, als er ihr eines Tages offenbart, dass er ein „Türenproblem“ hat: Einige Türen spucken ihn willkürlich an fremden Orten wieder aus. Warum und in welchen Fällen das passiert, kann Lazyboy sich nicht erklären. Er landet schließlich also bei einer Psychologin, die ihm aber auch nicht helfen kann, denn sein Türenproblem scheint nicht eingebildet zu sein.

Die Lösung entpuppt sich als ein 13-jähriges Mädchen, das in ihrem Keller ebenfalls eine magische Tür hat. Sie führt Lazyboy in eine andere Welt, quasi Weins Version von Murakamis Ende der Welt, in der Lazyboy als der Auserwählte eine durch eine Mauer getrennte Stadt wieder vereinen soll.

Viele Elemente erinnern an Murakami: Jugendliche Mädchen, die außerhalb des gesellschaftliche Lebens stehen, übersinnliche Dinge, die einfach passieren, Parallelwelten – sogar einen Brunnen gibt es, der in Murakamis Mister Aufziehvogel zum Symbol der Erkenntnis wurde.

Im Gegensatz zu Murakami ist die Stimmung in Weins Buch aber weniger verträumt. Lazyboy nimmt die magischen Türen nicht einfach hin, sondern macht eine Therapie. Könnte man sich so etwas für Aomame vorstellen, die zwei Monde am Himmel sieht? Auch das Ende des Buches ist schließlich darauf ausgelegt, alles absurde im Roman irgendwie doch noch rational zu erklären.

Und noch etwas ist anders: die Sprache. Weins spielt mit der Sprache und mit Bildern. Man merkt, dass dies Sprachspiele aus erster Hand und keine Übersetzungen sind. Außerdem verleiht dem Buch eine ganz bestimmte, unauffällige Art von Humor, wie sie bei Murakami nicht existiert. Weins kann sich damit deutlich von seinem Vorbild abheben und schafft eine eigene Welt, in die ein Besuch lohnt, unabhängig davon, ob man Murakamis Werke nun kennt oder nicht.

Fazit

Weins nutzt die Inspiration durch Murakami und schafft ein eigenständiges Werk, das sich durch skurrile Szenen und einen feinen Humor auszeichnet.

Verfasst am 9. Mai 2012 von
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 18. August 2019

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