„Der Spielplatz der Götter“ wird das abgelegene Dorf tomuraushi in Hokkaido genannt, weil es so schön ist, dass die Götter sich dort gerne treffen. Dieses Dorf soll für ein Jahr das Zuhause der fünfköpfigen Familie von Natsu Miyashita werden.
Tomuraushi ist kein normales Dorf: So einsam und abgelegen kann man nur selten wohnen. Der nächste Supermarkt ist nicht nur knapp vierzig Kilometer entfernt, es gibt auch kaum Handy- und nur sehr gestörten Fernsehempfang. Im Winter liegt viel Schnee und es wird sehr kalt. Verständlich, dass Natsu Miyashita ihre Erlebnisse an diesem außergewöhnlichen Ort festhalten möchte.
Ein Ergebnis ihres Aufenthaltes ist das Buch hitsuji to hagane no mori, das mit dem japanischen Buchhändlerpreis ausgezeichnet wurde und unter dem Titel The Forest of Wool and Steel bereits auf Englisch übersetzt wurde. Während dieser Titel eine fiktive Geschichte erzählt, die in der Region angesiedelt ist, enthält der Spielplatz der Götter tagebuchartige Skizzen aus dem Alltagsleben der Autorin, die 2013 und 2014 auch als Kolumne in einer japanischen Zeitschrift erschienen sind.
„[…] ein Jahr in der Natur, in dem jeder darüber nachdenken kann, wie er sein Leben gestalten will.“ (S. 28)
Nicht mehr die Reise in die Ferne ist ein Abenteuer, sondern das Leben auf dem Land. Für Familie Miyashita geht es vor allem um eine Auszeit von ihrem Leben in Fukui. Die Gemeinde Tomuraushi bietet Gästehäuser an, sodass die Familie für ein Jahr in dem Dorf leben kann, ohne ihr Haus in ihrer Heimat Fukui verkaufen oder sich in der neuen Bleibe groß einrichten zu müssen. Das macht den Aufenthalt in Tomuraushi eher zu einem ausgedehnten Urlaub denn einem neuen Lebensexperiment.
Für die Kinder allerdings geht auch in Tomuraushi der Alltag weiter. Sie besuchen ganz normal die Schule. Erstaunlicherweise nehmen Miyashitas Erzählungen über den Schulalltag der Kinder den größten Raum ein. Zwar geht es im Spielplatz der Götter auch um die typischen Dinge, die man in einem abgeschiedenen Dorf erlebt: Man nimmt die Natur stärker wahr, die Leute sind ungezwungnerer, herzlicher und direkter. Miyashitas Beobachtungen konzentrieren sich aber vornehmlich auf das Leben der Kinder.
Miyashita erzählt in einen ruhigen, neutral wirkenden Ton, in den aber stets ein ganz feiner Humor gewebt ist:
„Wir besuchen den Schrein von Tomuraushi. Es herrscht Schneegestöber. […] Hoffentlich geht unterwegs niemand verloren. Nicht auszudenken, wenn wir zu Hause ankommen und sich ein Bär oder Hirsch unter die Familie gemogelt hätte.“ (S. 197)
So wie in diesem Beispiel plätschert sie Erzählung angenehm vor sich hin. Es gibt keine großen neuen Erkenntnisse über das Landleben, aber auch keine Belehrungen. Der Aufenthalt von Familie Miyashita auf dem Land ist unidiologisch und dadurch erfrischend einfach. Die Familie genießt einfach nur das Zusammensein und die Natur.
Tokyo ist Japans Zentrum und insofern gibt es mannigfach Bücher über und aus der Metropole, leider aber nur wenig Schilderungen des Lebens auf dem Land. Der Spielplatz der Götter bietet hier also eine angenehme Abwechslung zum sonst Üblichen, auch wenn das Buch weder einen Ratgeber darstellt noch die ländlichen Aspekte wirklich richtig detailliert beschreibt.
Abschließend muss auch noch kurz die Gestaltung des Buches erwähnt werden: Zwar ist Der Spielplatz der Götter ein Taschenbuch, hat aber trotzdem einen sehr schönen Umschlag. Von der Gestaltung und der Haptik her fühlt es sich fast wie eine japanische Ausgabe an, wäre nicht die deutsche Schrift. Dem Buch liegt außerdem ein passend zum Buch gestaltetes Lesezeichen bei.
Fazit
Ein kurzweiliger Ausflug aufs Land in einer ansprechend gestalteten Buchausgabe.Verfasst am 29. August 2019 von Friederike Krempin
Tags: Hokkaidô, Landleben, Natsu Miyashita, Schule