Was vom Japaner übrig blieb

Was vom Japaner übrig blieb



iudicium
300 Seiten
ISBN: 978-3862052509

Unter diesem so witzigen wie sperrigen Titel hat die Herausgeberin der Reihe Iaponia Insula im iudicium-Verlag, Irmela Hijiya-Kirschnereit, eine Sammlung von 13 Essays veröffentlicht, die sie in den 17 Jahren von 1990 bis 2007 in unterschiedlichsten und keineswegs nur japanologischen Zeitschriften veröffentlicht hat.

Die beiden einzigen wohl bislang unveröffentlichten Beiträge in diesem Band sind eine um Fußnoten erweiterte Niederschrift eines Vortrages, den die Autorin 1999 im Berliner Haus der Kulturen der Welt unter der Überschrift „Warum Haiku? Zum unterschiedlichen Verständnis der Haiku-Dichtung in Japan und im Westen“ gehalten hat, sowie eine erweiterte Fassung ihres Vortrages anlässlich ihrer Verabschiedung aus dem Amt der Direktorin des DJI im Jahr 2004. Die Fundstellen der anderen Beiträge reichen von der Neuen Zürcher Zeitung und dem DIJ-Newsletter über die Sammlung der Referate des 3. Japanologentages der OAG 1993 in Tokyo und die Hefte für Ostasiatische Literatur bis hin zu vorwiegend kulturwissenschaftlichen Sammelwerken, zu den die Autorin den japanologischen Blick beisteuerte.

Die 15 Texte sind in vier Gruppen zusammengefasst. „Übersetzung, Über-Setzung“ enthält vier Beiträge und ist wohl das Thema, das die Autorin seit vielen Jahren besonders umtreibt. Die zweite Gruppe enthält vier Beiträge unter der Überschrift „Literatur – Transkulturell“. Unter anderen Vorzeichen geht es letztlich auch um Fragen der Übersetzbarkeit, jetzt nicht mehr im strengen Sinn der Tätigkeit eines Literaturvermittlers, sondern im übertragenen Sinne der Vermittlung kultureller Codes der einen Gesellschaft zum Verständnis der anderen in Literatur und Film. „Ästhetik und Nation“ ist die dritte Gruppe von vier Beiträgen überschrieben. Darin fasst die Autorin Texte zum Selbstbild Japans zusammen. Das ist im Zeitalter der Globalisierung alles andere als einheitlich. So wie japanische Moden und Designs von Sushi bis Hello Kitty und Anime bis Japan-Pop die westliche Welt eroberten, drangen umgekehrt westliche bis nach Japan – und wenn es sich nur um den Nachbau des Münchner Hofbräuhauses handelt. Die vierte Gruppe schließlich weitet in drei Beiträgen den überwiegend „ameropäisch“-japanischen und japanisch-deutschen Blick auf „Japan in Asien“. Seine Rolle in Asien scheint Japan auch fast siebzig Jahre nach Ende des pazifischen Teils des II. Weltkrieges noch immer nicht gefunden zu haben. Die Frage der japanischen Kriegsverantwortung und ihre, diplomatisch ausgedrückt, unvollkommene Aufarbeitung in Politik und Gesellschaft erschweren nach wie vor den Umgang der Nachbarstaaten mit Japan.

Ob es sinnvoll ist, Beiträge aus den frühen 90er Jahren in leicht zugänglichen Quellen noch einmal zu veröffentlichen, ohne sie überarbeitet zu haben, darf füglich bezweifelt werden. Das damals starke Interesse an Japan, seiner Literatur und alten Kultur, hat inzwischen eine starke Wandlung erfahren.

Fazit

Manga, Anime, Cosplay, also massenkulturelle Phänomene, leiten heutige Interessen, übrigens durchaus auch in der japanologischen Forschung. Da die Autorin allerdings anziehend und fesselnd zu schreiben vermag, ist die Lektüre immer noch anregend.

Verfasst am 10. September 2013 von

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