Gewalt, Zügellosigkeit, Drogen, Sex und Selbstverstümmelung. Mit ihrem Buch, das schonungslos alle Tabus brechen will, hat die damals 20-jährige Kanehara gleich den Akutagwa-Literaturpreis bekommen, den auch schon Kenzaburo Ôe erhielt. Mit dessen Literatur hat ihr trashiger, kurzweiliger Roman aber nichts gemein.
Lui lebt seit kurzem mit dem Punk Ama zusammen, der eine gespaltene Zunge hat. So eine Schlangenzunge möchte sie auch und geht kurzerhand zu einem Tätowierer. Mit dem fängt sie dann auch gleich eine Affäre an, damit er sie umsonst tätowiert. Sie schläft dafür mit ihm auf der Tätowierliege, lässt sich würgen und misshandeln.
Kaneharas Roman, den man in ein bis zwei Stunden durchlesen kann, handelt von all solchen wilden Erlebnissen, schließlich sogar von einem Mord. Nichts ist von Dauer, Lui lebt nur für den Moment. Langsam wird ihr allerdings klar, dass ihre Geschichte kein gutes Ende nehmen wird: Trennt sie sich von Ama, wird dieser sie umbringen, entscheidet sie sich nicht für den Tätowierer, kann dies auch schlimme Folgen für sie haben.
Der Geschichte scheint es an Tiefe zu fehlen. Aber genau das soll hier auch gar nicht geliefert werden. Sie will schnell konsumierbar sein, das Leben in seiner Härte schildern, kurzlebige Unterhaltung bieten. Und sie bietet damit sicher auch ein gewisses Identifikationsportal für eine bestimmte Szene, ist eine Art Manifest:
Man kann dieses Buch natürlich, wie auf dem Klappentext geworben wird, als das Buch einer jungen, rebellischen Frau ansehen, die selbst mit 17 Jahren die Schule geschmissen hat. Glaubhafter scheint hier allerdings einfach, den Roman als gewagtes, provozierendes Erstlingswerk einzuordnen, das nicht nur inhaltlich schockieren will, sondern sich auch ganz gezielt dagegen sperrt, sich mit hoher Literatur, mit großen Schriftstellervorgängern auf eine Stufe stellen zu lassen.
Fazit
Die provokant vorgetragenen Themen Gewalt und Drogen, dazu die kurze und flache Geschichte wirken zugleich unterhaltend, faszinierend und abstoßend.Verfasst am 27. April 2012 von Friederike Krempin
Tags: Abhängigkeit, Gewalt, Hitomi Kanehara, Japans Schattenseiten, riskante Liebesspiele