An Geister zu glauben, ist bei uns eher unüblich. In Japan ist man sich aber durchaus einig darüber, dass Verstorbene auch mal als Geister zurückkommen können. So stört es auch Harada überhaupt nicht, als er auf einmal seinen verstorbenen Eltern wiederbegegnet.
Vielleicht liegt das aber auch an seiner einsamen Situation: nach der Trennung von seiner Frau, die nun mit seinem Freund zusammen ist, zieht Harada in ein unpersönliches Appartementhaus. Menschen begegnet er hier fast nie – bis auf einer jungen Frau, die genauso wie er unter großer Einsamkeit zu leiden scheint.
Haradas Eltern sind keine gruseligen Spukgestalten, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, die in einer ganz normalen Wohnung leben. Sie nehmen den einsamen Harada liebevoll auf, essen mit ihm und spielen Karten. Auch wenn Harada immer mehr in ihre seltsame Parallelwelt abdriftet, hat sie für ihn doch etwas greifbar Reales: Seine Eltern müssen in der Wirklichkeit existieren, wie könnten sie ihm denn sonst ein Kartenspiel beibringen, das er vorher nie kannte? Sie scheinen einfach zu real!
Für Harada beginnt scheinbar eine Zeit der Heilung, in der er schließlich auch mit seiner einsamen Nachbarin zusammenkommt. Diese macht ihm klar, dass ihm der Geisterkontakt gar nicht gut tut: Je öfter er seine Eltern besucht, desto schwächer wird sein Körper. Harada muss sich für eine der beiden Welten entscheiden.
Wunderbar ruhig und zugleich schaurig ist diese Geschichte erzählt. Harada bewegt sich in einer Traumwelt, die aber jäh zum Alptraum wird. Yamadas Roman mutet wie eine moderne japanische Geistergeschichte an: schaurig, aber nicht schrecklich. Lange nicht so gruselig wie Natsuo Kirinos Romane, sondern eher verzaubernd.
Besonders gut gestaltet ist der Schluss, der eine plötzliche Wendung beinhaltet, vor deren Hintergrund die Geschichte im Nachhinein eigentlich erst ihren wirklich geisterhaften Anstrich bekommt.
Fazit
Eine moderne japanische Geistergeschichte mit überraschendem Ende, herrlich ruhig und zugleich spannend erzählt.Verfasst am 10. November 2010 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 7. Mai 2019