Hikari – Licht – ist der Name von Kenzaburo Ôes geistig behindertem Sohn. Auch wenn Hikaris Erziehung für Ôe nicht immer einfach war, ist Hikari „Licht“ – eine Bereicherung für die Familie Ôe. In diesem Band reflektiert Ôe über die Zeit, als sein Sohn in sein Leben trat und über sein Leben mit Hikari.
Die Geburt von Hikari verändert das Leben der Familie Ôe
Als Hikari in den 60er Jahren geboren wird, hat er eine Verformung am Schädel. Die Ärzte haben ihn fast aufgegeben, doch eine Notoperation rettet Hikaris Leben. Hikari wird sich langsamer als andere Kinder entwickeln und sein Leben unter epileptischen Anfälle leiden, doch die Familie Ôe – Vater, Mutter und zwei Geschwister, lernen, damit umzugehen.
Hikari als Sujet in Ôes Werk
Für Nobelpreisträger Ôe hat Hikaris Geburt noch eine andere Auswirkung: Sein Sohn wird eines seiner Hauptthemen, das er in Romanen und Essays verarbeitet. So hat Ôe die ersten Momente des Schocks nach Hikaris Geburt, die Ablehnung und schließlich auch Bejahung des Lebens bereits 1964 in Eine persönliche Erfahrung geschildert. In Licht schein auf mein Dach – einem reinen Essayband – blickt er nun erneut auf diese Zeit und die Entwicklungen bis in die Gegenwart zurück.
Essays: spannender als ein Roman
Wer Ôes Werk gelesen hat, der kennt den fiktiven Hikari oder auch I-Ah, der immer wieder in seine Romane eingebunden ist. Ôes Romane scheinen sehr realistisch, da sie viel von einer Familie erzählen, die seiner sehr ähnelt, trotzdem bleiben sie Fiktion. Umso spannender ist nun Licht schein auf mein Dach, da wir in kurzen Notizen endlich die Geschichte hinter den Büchern sehen (erläutert wird unter anderem auch der Hintergrund zum Roman Stille Tage und dessen Verfilmung).
Darf ich wütend auf mein behindertes Kind sein?
„Es bedarf einigen Mutes für dieses Geständnis – eines schmerzlichen Mutes -, aber ich muss zugeben, dass wir manchmal, besonders ich, Wut über unseren behinderten Sohn nicht unterdrücken konnten.“ (37)
Ôe geht sehr analytisch und ehrlich an die Fragen, die ihn beschäftigen. Er schildert seine persönlichen Probleme und geht offen mit Vorwürfen gegen ihn um – etwa, dass Hikari nur wegen seines berühmten Vaters ein bekannter Komponist geworden ist und nicht, weil er Talent habe. Daneben beschäftigen ihn auch Fragen hinsichtlich seines eigenen Todes: Was passiert mit Hikari, wenn er nicht mehr da ist? Und was passiert mit ihm, Ôe selbst? Schließlich zieht Ôe eine Parallele zwischen Altern und Behinderung: Bei beidem kann man etwas nicht (mehr).
Es sind unaufgeregte, stille Betrachtungen, die Ôe äußert. Für alle, die Ôe gerne lesen, rundet Licht scheint auf mein Dach das Veröffentlichungsspektrum in Deutschland hervorragend ab. Allerdings muss erwähnt werden, dass Licht scheint auf mein Dach keine ganz so neue Veröffentlichung mehr ist: 1995 und 1996 in Japan publiziert, enthält dieses Buch Betrachtungen, die schon fast 20 Jahre alt sind. Ôes bis heute wichtige Themen sind aber alle vertreten.
Fazit
Ganz persönliche Betrachtungen eines Nobelpreisträgers.Verfasst am 12. Dezember 2014 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2025