In Japan werden die Menschen immer älter und bleiben länger gesund. In Rente zu gehen heißt nicht mehr zwingend alt zu sein. In zwei Erzählungen aus der Perspektive einer älteren Frau zeichnet Tanabe ein Bild vom Alter, das so gar nicht zu den üblichen Vorstellungen über eine alternde Frau passt.
Die Erzählerin, die nach dem Tod ihres Mannes lange erfolgreich ihr Familienunternehmen in Ôsaka geführt, mehrere Kinder und Enkel hat, wehrt sich entschieden dagegen, mit ihren 76 Jahren als Seniorin bezeichnet zu werden. Alles, was eine Seniorin ausmacht, ist ihr zuwider: Statt in ihrem eigenen Haus wohnt sie in einem modernen Appartement, japanische Hobbies und die buddhistische Totenverehrung ihrer Vorfahren interessieren sie nicht und statt auf Besuche von ihrer Familie freut sie sich darauf alleine zu sein.
Weil ihre Umwelt – also besonders ihre Familie – aber nicht akzeptieren will, dass sie sich nicht in das Bild einer typischen Seniorin pressen lässt, muss sich die Erzählerin immer wieder aufs Neue ihren Freiraum erkämpfen. Die Rollen kehren sich auf komische Weise um, wenn sie von der Schwiegertochter besucht wird, die darüber klagt, wie schrecklich es ist, allein zu leben, die Erzählerin sich aber nur danach sehnt, dass ihr geschwätziger Besuch bald wieder geht.
Der Grundton des Buches ist keineswegs verdrießlich, sondern immer energisch-optimistisch wie die Erzählerin selbst. Sie ist sich selbst ihres etwas störrischen Verhaltens durchaus bewusst, reflektiert dies in selbstironischen Bemerkungen, spart aber auch nicht damit, bissige Kommentierungen über ihre Umwelt abzugeben. All dies macht die resolute Frau sehr sympathisch.
Schade nur, dass die zwei Erzählungen auf den großzügig bedruckten 93 Seiten so schnell ausgelesen sind! Bisher ist diese Publikation von Tanabe die erste auf Deutsch, das Potenzial der Erzählungen lässt aber darauf hoffen, dass vielleicht auch noch eine längeres Werk ins Deutsche übersetzt wird.
Da das Buch über die Japan Times vertrieben wird, ist es nicht bei Amazon Deutschland erhältlich, kann aber zum Beispiel über die Übersetzerin unter anderem bei www.booklooker.de bezogen werden.
Fazit
Humorvoll, aber trotzdem mit dem nötigen Ernst, zeigen die zwei Erzählungen, dass Alter(n) auch immer eine Frage der persönlichen Einstellung ist.Verfasst am 26. August 2011 von Friederike Krempin