Der Tor aus Tokio (Botchan)

Der Tor aus Tokio (Botchan)



坊っちゃん

Botchan ist ein – der Meinung seiner Eltern nach – unbesonnener Hitzkopf, der es zu nichts bringen wird. Immerhin schafft er es aber, ein Physikstudium zu absolvieren und eine Stelle an einer Mittelschule in der Provinz zu bekommen. Doch damit beginnt der Ärger für den starrköpfigen Botchan, der schnell mit seinen Schülern und Lehrerkollegen aneinandergerät.

Zugegeben, mit seinen 23 Jahren fehlt es Botchan (auf Deutsch kann dieser Spitzname ungefähr mit Grünschnabel übersetzt werden) noch an Lebenserfahrung, aber durch seine aufbrausende Art und sein beschränktes Denken schafft er es schnell, sich mit seinen Schülern anzulegen, die ihm aber letztlich immer überlegen sind.

Auch die Lehrerkollegen treiben versteckte Machtspielchen: „Rothemd“, wie Botchan ihn tauft, spannt dem Lehrer „Kürbis“ die Frau aus und versucht dessen Versetzung zu bewirken. Botchan, der in seiner schlichten Denkweise nur das unterscheiden kann, was eindeutig böse oder schlecht ist, weiß nicht, auf wessen Seite er sich stellen soll und wer ihm gut gesonnen ist. Hinzu kommt, dass Botchan auch außerhalb der Schule keine Ruhe hat: sein Vermieter lädt sich jeden Tag selbst zum Tee ein und und versucht ihm gefälschte Kunstgegenstände für viel Geld anzudrehen.

Was den Roman so humorvoll macht, ist die naive Art, in der Botchan die Welt sieht und beschreibt. Diese Erz√§hlart erinnert an Forrest Gump – mit der Ausnahme, dass Gump nicht so j√§hzornig ist wie Botchan. Unbewusst parodiert Botchan damit nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen um sich herum – besonders die Scheinheiligkeit seiner Lehrerkollegen, die äußerlich viel Wert auf ihre Intellektuaität legen.

Der Humor der Erzählung, die in ihrer Naivität nicht nur Botchans Fehler, sondern auch die der anderen unbewusst aufdeckt, erinnert in ihrer Komik und Erzählweise an Forrest Gumps unbedarfte Erzählweise.

Diese Parodie auf die Doppelb√∂digkeit der Intellektuellen, ist bei Sôseki nicht neu, sondern ist in variierter Form auch in Ich, der Kater vorzufinden. Im Gegensatz zu diesem Roman liest sich Botchan aber eindeutig frischer und kurzweiliger und eignet sich so gut für jeden, der Sôsekis Schreibstil und die japanische Gesellschaft um 1900 näher kennenlernen will.

Fazit

Unterhaltsame Satire über die japanische Gesellschaft um 1900.

Verfasst am 20. Juni 2010 von
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 18. August 2019

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