Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich ein Roman mit ukiyoe, der japanischen Holzschnittkunst aus der Edo-Zeit, beschäftigt. Und es kommt auch erst Recht nicht vor, dass sich auch noch ein Krimi um einen Kreis vom ukiyoe-Forschern dreht, die dabei sind, die Identität eines bis dahin unbekannten Künstlers aufzudecken.
Auf der Suche nach Sharaku ist mit seiner Themenwahl alles andere als ein alltäglicher Kriminalroman. Gerade zu Beginn fordert er einen aufmerksamen Leser, der die vielen unterschiedlichen Namen der Beteiligten auseinanderhalten kann. Da die beteiligten Figuren alle sehr gesichtslos bleiben und nur über ihre Stellung in der Hierarchie der ukiyoe-Forscher ein wenig Individualität erhalten, ist dies auch gar nicht so einfach.
Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht der Nachwuchsforscher Tsuda, der eines Tages von einem Händler ein altes Buch zugespielt bekommt. In diesem Buch findet er Anhaltspunkte, die ihn auf die Identität des Edo-Künstlers Sharaku stoßen lassen. Tsuda stellt weitere Nachforschungen an und diskutiert mit einem Freund die Thesen zu Sharakus Herkunft.
Interessant am Fall Sharaku ist, dass der Autor Katsuhiko Takahashi seinem Roman einen tatsächlich existierenden Künstler zu Grunde legt:
„Tōshūsai Sharaku. Er galt neben Hokusai und Utamaro als einer der berühmtesten Ukiyoe-Maler […]. Zwar ist nicht seine Popularität das Bemerkenswerte an ihm, was ihn von allen anderen abhob, sondern sein geheimnisumwittertes Leben. […] Nachdem Sharaku innerhalb von zehn Monaten hundertvierzig Arbeiten veröffentlicht hatte, verschwand er plötzlich von der Bildfläche.“ (39)
Doch es bleibt nicht allein bei akademischen Diskussionen und Tsudas Suche nach der Identität des Malers. Ganz unbemerkt streut der Autor Takahashi den eigentlichen, tatsächlichen Kriminalfall in Tsudas Recherchen mit ein. Und so ist es erst das letzte Viertel, das den Roman richtig in Fahrt kommen lässt und zeigt, dass der Autor den Leser geschickt auf eine falsche Fährte gelockt hat.
Auch heute noch ist die Identität Sharakus umstritten. Mit Auf der Suche nach Sharaku präsentiert und diskutiert Takahashi die aktuellen Thesen der Forschung. Die These allerdings, die sich über Sharakus Herkunft beispielsweise bei Wikipedia finden lässt, ist gerade die, die Tsuda als absolut veraltet abtut. Dass auch Takahashi in seinem Roman – so realistisch er vielleicht durch die vielen Erörterungen wirken mag – nicht die letzte Wahrheit präsentiert, gibt er selbst mit einem Augenzwinkern zu, indem er seine Figur bemerken lässt:
„Das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Der Urheber dieser These ist ein Krimiautor. Kein Wunder, dass so einer auf solch eine abstruse Idee kommt.“ (76)
Fazit
Ein sehr spezieller, aber intelligenter Roman für scharfsinnig Leser - Kunstliebhaber muss man nicht sein.Verfasst am 6. April 2013 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 18. August 2019