Wovon wir träumten

Wovon wir träumten



Die Geschichte, die erzählt wird, ist eigentlich ganz einfach: Junge Japanerinnen machen sich auf nach Amerika, um dort einen japanischen Ehemann zu heiraten. Aber die Art und Weise, wie Julie Otsuka diese Geschichte ausgestaltet, ist eine ganz besondere.

Otsuka erzählt die Geschichte einer ganzen Generation. In dieser Geschichte gibt es zwar vereinzelt Namen und Figuren, aber keine sticht als Individuum hervor. Kein Lebensfaden lässt sich durch das Buch mitverfolgen. Es sind kollektive Erlebnisse, die Otsuka in der Wir-Perspektive beschreibt. Mehrere Frauenschicksale werden so gleichzeitig beschrieben. Es sind vor allem Formulierungen wie einige von uns… und einige … oder eine von uns, die immer wieder auftauchen.

Ein gutes Beispiel für diesen Kollektiv-Erzählstil ist besonders folgendes Beispiel:

„Unser Zuhause war ein Feldbett in einer ihrer Schlafbaracken auf der Fair Ranch in Yolo. Zuhause war ein langes Zelt unter einem belaubten Pflaumenbaum bei Kettleman´s. Zuhause war ein Holzschuppen in Camp Nr. 7 im Barnhart Tract draußen in Lodi. Nichts als Zwiebelreihen, soweit das Auge reicht. Zuhause war ein Bett aus Stroh in John Lymans Scheine, Seite an Seiten mit seinen Siegerpferden und Kühen.“ (34)

Zugegeben, ein wenig befremdlich ist diese Erzählweise, zumal es nicht möglich wird, mit den Figuren mitzufühlen. Eine Frau hat Glück mit ihrem Mann, die andere ist unzufrieden. Eine hat eine Affäre, die andere bringt sich um. Otsuka gibt immer die Vielzahl an Möglichkeiten wieder.

Trotzdem schafft sie es – und das ist so faszinierend an diesem Roman – die Einzelschicksale in einem Strang zu bündeln. Die Frauen vereint letztlich alle, dass sie es nicht schaffen, richtig in Amerika anzukommen. Dazu setzt der Zweite Weltkrieg ihrer Integration ein Ende: Die japanischen Familien werden der Kriegsspionage bezichtigt und in Lager deportiert. Zurück bleibt Leere, als hätte es die Japaner in Amerika nie gegeben.

Wen übrigens gerade der Aspekt interessiert, wie es Japanern während des Zweiten Weltkrieges in Amerika ging, für den dürfe auch der Roman Keiko interessant sein, der das Einzelschicksal einer deportierten japanischen Familie genauer beleuchtet.

Fazit

Nicht unbedingt der Inhalt, sondern wie die Autorin mit Erzählperspektiven experimentiert, macht den Reiz dieses Romans aus.

Verfasst am 10. Juli 2012 von
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 5. September 2019

Weitere Bücher von Julie Otsuka

Artikel im Blog

Zufällig ausgewählt: In Büchern stöbern

ランダムに選択しました

Die merkwürdigen Fälle des Dr. Irabu
Keiko
Hard-Boiled Wonderland und das Ende der Welt
Ausgestoßen
Die Geschichte einer gewissen Frau
Federkleid

Die neuesten Rezensionen

Inspektor Takeda und die Toten von Altona
Inspektor Takeda und die Toten von Altona 1. Juli 2025
Frau Shibatas geniale Idee
Frau Shibatas geniale Idee 17. Juni 2025
Tamons Geschichte
Tamons Geschichte 14. Juni 2025
Hiroshima. Eine Stimme aus der Hölle
Hiroshima. Eine Stimme aus der Hölle 8. Juni 2025
Das Restaurant am Rande der Zeit
Das Restaurant am Rande der Zeit 6. Juni 2025
Der Inugami-Fluch
Der Inugami-Fluch 24. Mai 2025
Literatur direkt aus Japan Literatur direkt aus Japan

Hier erfährst du mehr über Bücher, die es bisher nur in Japan gibt.

Bücher kaufen Wo kann ich japanische Bücher kaufen?

Ein kleiner Guide für Einsteiger

Zeitstrahl Zeitleiste

Suche dir Bücher aus nach der Zeit, in der sie spielen.

Neuerscheinungen Neuerscheinungen

Alle Neuerscheinungen für im Überblick.