Nicht mal ein Jahr ist es her, dass Haruki Murakamis Roman Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki in Deutschland erschien. Nun legt der Dumont Verlag mit Von Männern, die keine Frauen haben nach. Dieses Buch ist auch in Japan noch brandaktuell, erschien es dort doch erst vor einem halben Jahr.
Wurden Murakamis Romane am Anfang teilweise noch aus dem Englischen übersetzt wie beispielsweise Mister Aufziehvogel oder die Gefährliche Geliebte, änderte sich mit Murakamis Aufstieg zum Bestsellerautor der Publikationsrhythmus drastisch. War die deutsche Übersetzung von Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki international eine der ersten und weniger als ein Jahr nach Veröffentlichung des Romans in Japan wirklich schnell, scheint Dumont nun noch stärker auf den Erfolgsautor zu setzen und veröffentlicht in diesem Jahr schon das zweite Buch von Murakami.
7 neue Kurzgeschichten
Von Männern, die keine Frauen haben enthält sieben neue Kurzgeschichten. Der Buchtitel ist Programm: In allen Geschichten sind die Erzähler männlich und in allen Geschichten geht es irgendwie um Verlust, Einsamkeit, eine Trennung oder eine verlorene Beziehung.
In Drive my Car versucht ein Mann zu ergründen, warum seine tote Frau ihn betrogen hat. In der titelgebenden Geschichte Von Männern, die keine Frauen haben, ereilt den Protagonisten der Anruf, dass seine Exfreundin sich umgebracht hat, mitten in der Nacht. Warum sie dies getan hat, kann er nicht ergründen, er philosophiert aber darüber, warum Beziehungen zerbrechen. Auch in Das eigenständige Organ geht eine Beziehung nicht gut aus.
Die beste Geschichte im Buch
Die beeindruckendste unter diesen Geschichten aber ist Kinos Bar. Ähnlich wie schon einige Protagonisten in Murakami-Geschichten eröffnet Kino nach der Trennung von seiner Frau eine Bar. Als sich eine graue Katze dort ansiedelt, beginnen die Geschäfte besser zu laufen, doch Kino wird von etwas unsichtbarem bedroht. Erst am Ende merkt er, dass er dieses Unsichtbare nur loswird, wenn er dem Schmerz darüber zulässt, dass seine Frau ihn verlassen hat. Murakami erzählt diese Geschichte mit Ruhe, aber auch mit der wundervollen Magie, für die seine großen Romane wie Mister Aufziehvogel oder Kafka am Strand stehen.
Vom bisherigen Thema Trennung und Einsamkeit weichen die letzten drei Geschichten ab. Scheherazade greift – wie der Name schon sagt, die Idee einer Frau auf, die einem Mann immer wieder spannende Geschichten erzählt, ehe sie ihn bis zur nächsten Nacht verlässt.
Anspielung auf Kafka
Mit Samsa in Love bringt Murakami nach seinem auf Kafka anspielenden Roman (Kafka am Strand) mit dem Titel eine längst fällige Geschichte: Kafkas Verwandlung adaptierend erzählt er die Geschichte eines Wesens, dass sich plötzlich in Gregor Samsa verwandelt.
Yesterday rundet die Sammlung ab. Hier handelt es sich wieder um eine typische Coming-of-Age Geschichte, nahe an den Handlungen von Naokos Lächeln oder Gefährliche Geliebte. Dementsprechend wirkt die Erzählung auch nicht wirklich neu, sondern eher aus altbekanntem Material zusammengebaut.
Viel Bekanntes, aber auch ein wenig Neues
Von Männern, die keine Frauen haben enthält sieben Erzählungen, mit denen Murakami keinesfalls überraschen kann. Sie greifen bekannte Themen und Elemente von ihm wieder auf. Gleichzeitig aber sind diese Geschichten in der Summe neu: Das Thema Einsamkeit, Verlust und die Sicht von Männern auf eine Welt, in der Frauen sie verlassen, hat Murakami in einem Kurzgeschichtenband noch nie so konsequent verfolgt.
Fazit
Eine sehr ernste Kurzgeschichtensammlung, mit viel Bekanntem, ein wenig Neuem und einigen Lebensweisheiten.Verfasst am 6. Oktober 2014 von Friederike Krempin
Tags: Haruki Murakami