Was für Italien die Mafia, ist für Japan die Yakuza. Auch in Japan hat sie einen langen Arm – und so sind diejenigen gefährdet, die ihre Geheimnisse enthüllen. Der Amerikaner Jake Adelstein, der über 10 Jahre als Reporter für eine der größten japanischen Tageszeitungen gearbeitet hat, hat nun einen Enthüllungsbericht geschrieben.
Für Adelstein beginnt die Reporterkarriere 1993, als er sich bei der yomiuri shinbun bewirbt. Dies ist auch der Anfangspunkt seiner Erzählung: Adelstein zeichnet seinen kompletten Weg nach, der als einfacher Polizeireporter beginnt und schließlich in Tokyos Rotlichtvierteln endet.
Zu Beginn geht es zunächst also weniger um die Yakuza, sondern vielmehr um Adelsteins Arbeit als Journalist an sich: Wie kommt man an Informanten und wie schützt man sie? Wie arbeiten japanische Reporter mit der Polizei zusammen? Wie ist die Arbeitssituation innerhalb der Redaktion? Man erfährt also unheimlich viel über die Arbeit eines (japanischen) Journalisten und auch über das Rechtssystem im Zusammenhang mit den Kriminalfällen, über die Adelstein berichtet.
Auf Adelstein liegt eine unheimlich große Belastung: Nicht nur, weil er ständig unter dem Druck arbeitet, Sensationen schneller als seine Kollegen von anderen Zeitungen aufzudecken, sondern weil er die Machtlosigkeit gegen die organisierte Kriminalität erlebt: die Yakuza kann sich der Gerichtsbarkeit immer wieder entziehen, Menschenhandel wird nicht weiter verfolgt, der Mord an ausländischen Prostituierten schon gar nicht.
Doch Adelstein verfolgt eine heiße Spur, mit der er der Yakuza endlich krumme Geschäfte nachweisen kann: Ein Yakuza, der eigentlich gar nicht ausreisen dürfte, hat sich in den USA anscheinend eine Niere transplantieren lassen. Als die Yakuza mitbekommt, dass Adelstein in dem Fall recherchiert, erhält er Morddrohungen und wird vor die Entscheidung gestellt, seinen Reporterberuf aufzugeben oder seine Familie zu gefährden.
Adelsteins weg ist hart und entbehrungsreich. Tokio Vice ist ein Bericht, der aber spannend wie ein Roman geschrieben ist. Spannend, aber zugleich auch beängstigend, wenn man sich vor Augen führt, dass die Geschehnisse eben keine Fiktion sind.
Fazit
Investigativer Journalismus aus Japan: Jake Adelstein hat viel riskiert, um diese Informationen zu veröffentlichen - und es hat sich gelohnt.Verfasst am 28. Oktober 2010 von Friederike Krempin