Japan ist ein faszinierendes Land – nach wie vor auch für diejenigen, die sich jahrelang dort aufgehalten haben. Auch Joachim Eitel, den es beruflich nach Japan
verschlug, fasziniert das Land bis heute. Seine Erfahrungen hat er nun in einem Roman verarbeitet.
Ähnlich wie bei Namiko und das Flüstern, der japanische Verlobte oder Mokusei geht es in Japanische Abwege um interkulturelle (Liebes-)beziehungen und deren Schwierigkeiten: Martin Brandlau verliebt sich in Japan in die Musikstudentin Yoshiko, heiratet sie und unterstützt sie – gegen den Willen ihrer Eltern – bei einem Musikstudium in Deutschland. Yoshiko wohnt in Deutschland, er weiterhin in Japan. Von Japan aus hilft Martin Yoshiko beim Schreiben ihrer Abschlussarbeit, doch während Martin noch alles für sie tut, hat Yoshiko in Deutschland längst einen neuen Liebhaber.
Martins Suche nach einer Beziehung zieht sich durch den ganzen Roman und ist Hauptmotiv. Daneben beschreibt Eitel aber auch Martins Arbeit und seinem Kontakt mit japanischen Geschäftskollegen sowie das japanische Alltagsleben. Auch wenn diese Schilderungen authentisch wirken und man Eitel seine Japan-Expertise anmerkt, hat der Roman doch einige erzählerische Schwächen.
So wird die Beziehung von Yoshiko und Martin zwar in vielen Details langatmig erklärt, die tatsächlich interessanten Entwicklungen werden aber in einem Satz abgehandelt:
„Trotz dieser Unterschiede entwickelte sich bald eine tiefe Vertrautheit zwischen Yoshiko und Martin.“ (21)
Statt ein Gefühl von Vertrautheit zwischen beiden durch das Erzählen besonderer Episoden zu entwickeln, wird dieser wichtig Punkt nur kurz angesprochen, sodass gar nicht richtig deutlich wird, in was die Vertrautheit besteht. Dialoge mit scheinbarer Banalität gibt es dafür genügend:
„Wie geht es eigentlich Detlef?“, wollte Martin nun wissen, nachdem ihm aufgefallen war, dass Yoshiko ihn bisher noch nicht erwähnt hatte.
„Gut, aber wegen ihm wollte ich dich sowieso noch was fragen“, entgegnete ihm Yoshiko. „Welchen Namen findest du schöner und passender für einen Pianisten, Detlef oder Dettleff mit zwei T und zwei F?“ […]
Zwar wird gerade dieser Dialog später noch einmal wichtig, in diesem Moment wirkt er aber zunächst wie Füllmaterial- abgesehen von der abrupten Einführung Detlefs. Auch an anderen Stellen scheint es immer wieder, als würden unwichtige Dinge in die Länge gezogen und Beschreibungen ausgedehnt. Die Beschreibungen bleiben allerdings an der Oberfläche und schaffen es nicht immer, ein Bild im Kopf zu erzeugen. Beispiele dafür sind die Beschreibung von Kaoris Haaren, die sie „von ihrer Mutter geerbt“ hat (10) oder die Beschreibung des Kollegen Bernd (33).
Der Roman zieht diesen Stil ansonsten fast konsequent durch, sodass man sich nach den ersten Kapiteln an den Schreibstil gewöhnen und dann auch beginnen kann, die einzelnen Handlungsfäden zu entwirren.
Einen einzigen Bruch im Erzählstil gibt es allerdings, als Martin ein starkes Erdbeben und die Turbulenzen im Atomkraftwerk Kashiwazaki-Kariwa miterlebt. Eitel bricht hier aus dem Erzählfluss aus und integriert den späteren Bericht des METI. Konsequent im Romanschema zu bleiben hätte an dieser Stelle bedeutet, den Charaktere diese Information über die Medien oder in einer anderen Form zu übermitteln. Stattdessen wird der Bericht einfach als Zitat integriert und der Text sachlich. Es folgen noch einige kurze Erläuterungen zu Bebenstärke und der Gefährdung der Atomkraftwerke in Japan – ein eindeutiger Hinweis auf Kommendes, denn auch Fukushima spielt im Roman noch eine Rolle.
Die Katastrophe vom 11. März 2011 bietet schließlich den Rahmen für ein dramatisches und überraschendes Ende – eine kleine Überraschung hält
Japanische Abwege schließlich auch noch bereit. So verbirgt sich im Roman trotz allem fundiertes Japanwissen und eine interessante Geschichte um die Tücken interkultureller Beziehingen, sprachlich und erzähltechnisch hätte aus dem Stoff aber noch einiges herausgeholt werden können.
Fazit
Ein Debütroman mit spannender - wenn auch nicht ganz neuer - Idee, der aber eindeutig erzählerisches Potenzial verschenkt.Verfasst am 5. April 2014 von Friederike Krempin