Inspektor Takeda und das doppelte Spiel

Inspektor Takeda und das doppelte Spiel



Aufbau
416 Seiten
ISBN: 978-3-7466-3514-9

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Carsten Germis

Die Kriminalreihe um den in Hamburg ermittelnden Inspektor Takeda geht dieses Jahr bereits in die vierte Runde. Kaum eine deutsch-japanische Krimireihe hat es bisher auf so viele Bände gebracht. Kann der vierte Teil das Niveau seiner Vorgänger halten oder vielleicht sogar ausbauen?

Zunächst gibt es eine gute Nachricht für alle, die bisher noch nichts von Inspektor Takeda gehört haben: Man kommt gut in die Geschichte rein, auch wenn man bisher nichts von ihm gelesen hat. Die einzelnen Kriminalfälle beziehungsweise Bände sind in sich abgeschlossen sodass es überhaupt nichts ausmacht, erst mit dem vierten Band einzusteigen. Gleichzeitig spart sich der Autor zum Glück langweilige Zusammenfassungen des bisherigen Geschehens und steigt direkt in den aktuellen Fall ein.

Wie in der gesamten Inspektor-Takeda-Reihe ermittelt ein Duo, bestehend aus Claudia Harms und dem „Austauschpolizisten“ Takeda. Takeda kann zwar sehr gut Deutsch und hat sich nach einem halben Jahr langsam in Deutschland eingelebt, trotzdem kann er seine japanische Seite nicht ganz abstreifen. Das führt immer wieder zu komischen Situationen, beispielsweise, wenn der angeschossene und schwer angeschlagene Takeda Claudia nicht ans Steuer lässt, da ihr Führerschein in dieser Situation nicht gültig wäre und er keinen Gesetzesverstoß fördern will. Es hilft aber zugleich auch bei den Ermittlungen weiter, da Takeda oft durch seine dezente Art einen ganz anderen Zugang zu den Verdächtigen hat als die forsche und direkte Claudia.

In diesem Fall kann Takeda nun auf eine ganz besondere Art weiterhelfen, denn ein Landsmann von ihm wurde in Deutschland ermordet. Da dieser zugleich ein Fußballstar ist, wird der Fall schnell zum internationalen Ereignis. Leider verrät der Klappentext schon, dass Claudia Harms und Kenjiro Takeda im Laufe der Ermittlungen nach Japan reisen werden. Diese Reise steht aber erst nach der Hälfte des Buches an, ist aber nach drei Ermittlungsrunden in Deutschland eine willkommene Abwechslung.

Die Krimihandlung selbst ist eher ruhig und gemäßigt und besteht im wesentlichen aus zahlreichen, sehr langen Dialogen. Manchmal, gerade zum Schluss hin, wirken diese ein wenig gestellt und man fragt sich, wieso Täter oder Leute aus dem Umfeld der Täter so bereitwillig Auskünfte geben. Richtig große Überraschungen oder spannende Wendungen gibt im Vergleich zu anderen, rasanteren und deutlich blutigeren Krimis wie beispielsweise Blutroter Tod zwar nicht, dafür unterhält Siebold aber auf einem sprachlich sehr hohen Niveau und mit wirklich guten Dialogen.

Obwohl ich nach wie vor kein Krimi-Fan bin, ist die Inspektor-Takeda-Reihe aber insbesondere wegen ihrem Japanbezug ein Lesegenuss. Siebold lebte länger selbst in Japan und charakterisiert wohl aus eigener Erfahrung sehr präzise und humorvoll die Irritationen, die in der Kommunikation zwischen Deutschen und Japanern entstehen. Takeda spiegelt dabei das deutsche Verhalten, Claudia Harms das japanische:

„Die Deutschen hatten einige ungewöhnliche Eigenschaften; eine von war zweifellos ihre Starrköpfigkeit. Sie glaubten fest daran, dass die Wahrheit stets mit dem Recht einherging, sie auch aussprechen zu dürfen.“ (S. 180)

Während Takeda Claudias direktes Verhalten unangenehm ist, kritisiert Claudia Harms seine Defensive:

„ ,Und was passiert, wenn mal einer deiner Landsleute eben nicht das tut, was die Gesellschaft erwartet? Bricht dann sofort allgemeine Anarchie aus? Die öffentliche Ordnung kollabiert und alle Japaner tanzen auf den Tischen?'“ (S. 192)

Letztlich läuft es nach vielen kleinen, nicht ganz ernst gemeinten Streitereien aber immer auf eine Versöhnung hinaus:

„Verständigung war etwas sehr, sehr Anstrengendes. Aber immerhin, alle Beteiligten gaben sich Mühe.“ (S. 201)

Eine Schwäche zeigt der vierte Band einzig zum Ende hin. Leider wird das Mordmotiv zu früh aufgelöst, sodass auf den letzten 40 der 400 Seiten keine richtige Spannung mehr aufkommt. Es bleibt natürlich aber immer noch die Frage: Schaffen es Kenjiro Takeda und Claudia Harms in Band 4 endlich, sich ihre Gefühle zu gestehen und ein Paar zu werden?

Noch keine deutsche Krimiserie bis auf die in sich inzwischen abgeschlossene, vierbändige Reihe von Andreas Neunkirchen hat es bisher zu so vielen Bänden geschafft. In den Erfolg von Inspektor Takeda spielt sicher auch die allgemeine Krimiqualität ein: Inspektor Takeda kann auch von allen gelesen werden, die deutsche Lokalkrimis mögen. Der vierte Band ist allerdings bisher der Teil mit dem größten Japan-Anteil.

Wer die Anfänge der Takeda-Krimiserie verpasst hat, kann übrigens mit dem E-Book-Sammelband Inspektor Takeda und die Toten von Altona & Inspektor Takeda und der leise Tod (ISBN 978-3-8412-1752-3) Teil 1 und 2 nachlesen.

Fazit

Ein wie immer qualitativ sehr guter Krimi, dieses Mal mit besonders hohem Japan-Anteil.

Verfasst am 15. August 2019 von

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