Im Herbst 1933 zieht Sato als die Geliebte des Mönches Jikai zu ihm in den buddhistischen Tempel. Satos Beziehung zu Jikai ist sehr harmonisch, doch stört sie der neue Tempelgehilfe Jinen – mit seinen rund 10 Jahren noch ein Kind – dessen düsteres und verschlossenes Wesen einen Schatten auf das ruhige Tempelleben wirft.
Sato ist der kleingewachsene Junge mit dem zu großen „Holzhammer“-Schädel wegen seines düsteren Eindrucks unheimlich. Der Junge gibt seine Gedanken nie preis und scheint mehr zu wissen, als er zugibt. So hat Sato, immer wenn sie mir Jikai schläft, das Gefühl, von einem Schatten beobachtet zu werden.
Doch gleichzeitig berührt sie das Schicksal des seltsamen Jungen. Jinen muss unermüdlich für Jikai arbeiten, wird nie nach seinen eigenen Bedürfnissen gefragt und darf kein Kind mehr sein. Sato stellt Nachforschungen über den Jungen an und erfährt, warum er solch einen deformierten Kopf hat und dass er so verschlossen ist, dass er sein Leben lang unter Ausgrenzung leiden musste.
Sato wird für einen kurzen Moment schwach und geht auf den Jungen ein, allerdings macht sie damit die Beziehung der drei Tempelbewohner noch komplizierter. Es kommt schlie√ülich zur Eskalation, die mit einem Mord endet.
Mizukamis Roman entspinnt nicht nur subtil eine komplizierte und konfliktbehaftete Dreiecksbeziehung, sondern beschreibt auch authentisch das Leben in einem buddhistischen Tempel. Mizukamis Beschreibungen fußen hier wahrscheinlich auf eigenen Erfahrungen, da er selbst im Alter zwischen neun und dreizehn Jahren wie Jinen als Novize in einem Tempel arbeiten musste.
Im Tempel der Wildgänse wird als Kriminalgeschichte eingeordnet, ist aber nicht das, was man herkömmlich darunter verstehen. Die Erzählung baut nicht auf Spannung, sondern untergründig beschriebene Ereignisse, die den Konflikt langsam entfalten. Es geht nicht um die Aufklärung eines Mordes im Nachhinein, sondern um die Vorgeschichte dazu.
Fazit
In einem Tempel kommt es zu einem Mord. Der Roman klärt nicht auf, sondern analysiert, wie es dazu kommen konnte.Verfasst am 2. Juni 2010 von Friederike Krempin
Tags: Außenseiter, Buddhismus