Hinter der Glastür

Hinter der Glastür



硝子戸の中

Mit Hinter der Glastür veröffentlicht der Angkor Verlag in seiner Edition Nippon ein recht eigenwilliges Werk des bekannten japanischen Klassikers Natsume, das weniger inhaltlich als vielmehr formal hervorsticht.

Sôseki Natsume arbeitete eng mit der großen japanischen Zeitung Asahi Shinbun zusammen und veröffentlichte viele seiner Romane dort als Fortsetzungsromane. Auch Hinter der Glastür wurde so veröffentlicht, was den eigentümlichen Stil des Buches erklärt, das sich mit seiner Sammlung an losen, einzeln zusammenhängenden Episoden nur schwer als Roman, aber auch nicht als Kurzgeschichtensammlung kategorisieren lässt.

Die Gattungsbezeichnung für die 39 kurzen Aufzeichnungen, deren Umfang sich jeweils zwischen zwei und drei Seiten bewegt, hat Natsume selbst geprägt: als „persönliche Kurzaufzeichnungen“ (jap. shôhin) erzählt der Autor in episodenhaften Aufzeichnungen persönliche Erlebnisse und alltägliche Geschehnisse, die ihn beschäftigen.

Manchmal werden die Aufzeichnungen auch verbunden und eine kleinere Erzählung erstreckt sich über mehrere shôhin (also auch mehrere Zeitungsausgaben) hinweg. Natsume berichtet beispielsweise von einer Frau mit einer traurigen Geschichte, die ihm ihre Biografie erzählt, damit er einen Roman daraus macht und von einem Mann, der ihn immer wieder um eine Kalligrafie bittet. Sogar der verstorbene Hund und die Hauskatze werden zum Erzählgegenstand.

Die Themen verraten es schon: Es geht weniger um lange, bewegende Geschichten, sondern um eher unscheinbare Ereignisse. Natsume richtet sich im ersten shôhin diesezüglich auch an seine Leser: „Nur weil man mich ausdrücklich gebeten hat, ich solle doch ab dem Jahresbeginn Beiträge schreiben, verfasse ich diese Texte, die außer für mich selbst jedoch kaum von Interesse sein dürften.“ (13)

Die shôhin verfasst Natsume zu Beginn 1915, ein Jahr vor seinem Tod. Auch seine gesundheitlichen Probleme, die ihm schon lange zu schaffen machen, sind ein Thema. Die scheinbar banalen Alltagserzählungen lassen sich so auch noch unter einem anderen Blickwinkel lesen: Viele Personen, über die Natsume schreibt, sind inzwischen tot. Er reflektiert über den Tod selbst und schaut auch rückblickend in seine Kindheit.

Unter Berücksichtigung der Biografie Natsumes sind die shôhin also durchaus bedeutsam, auf einen Gelegenheitsleser, der bisher noch nichts von ihm gelesen hat, werden die lose zusammenhängenden Alltagsepisoden aber eher weniger Reiz ausüben. Natsume ist sich dessen bewusst, wenn er ironisch kommentiert: „Ich schreibe also jetzt auf die Gefahr hin, von solchen Menschen, die nur über derart wenig Freizeit verfügen, verachtet zu werden.“ (12)

Fazit

Dieses Buch ist etwas für diejenigen, die sich für Natsume und seine Arbeit als Autor tiefergehend interessieren.

Verfasst am 22. August 2011 von
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 18. August 2019

Artikel im Blog

Zufällig ausgewählt: In Büchern stöbern

ランダムに選択しました

Minna no Nihongo – Übersetzungen & Grammatikalische Erklärungen
Urlaub für die Ewigkeit
Bevor sich unsere Wege trennen
Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
Von der Natur des Menschen
And then

Die neuesten Rezensionen

Kleine Wunder um Mitternacht
Kleine Wunder um Mitternacht 14. Januar 2025
Unschuldige Täter
Unschuldige Täter 6. Januar 2025
Der Held der See
Der Held der See 3. Januar 2025
Donnerstags im Café unter den Kirschbäumen
Donnerstags im Café unter den Kirschbäumen 31. Dezember 2024
Heaven
Heaven 30. Dezember 2024
Insel der verlorenen Erinnerung
Insel der verlorenen Erinnerung 28. Dezember 2024
Literatur direkt aus Japan Literatur direkt aus Japan

Hier erfährst du mehr über Bücher, die es bisher nur in Japan gibt.

Bücher kaufen Wo kann ich japanische Bücher kaufen?

Ein kleiner Guide für Einsteiger

Zeitstrahl Zeitleiste

Suche dir Bücher aus nach der Zeit, in der sie spielen.

Neuerscheinungen Neuerscheinungen

Alle Neuerscheinungen für im Überblick.