Es gibt Bücher, die überraschen, weil sie sich so gar nicht in eine Schublade stecken lassen. Der Samurai von Sevilla ist solch ein Buch, bei dem wahrscheinlich jeder nach dem Lesen feststellen wird, dass seine Erwartungen nicht eingetreten sind. Und so wird das Buch polarisieren: Entweder man ist positiv überrascht, oder man mag es gar nicht.
Von außen macht das Buch zunächst den Eindruck, als wäre es einer dieser schönen Schmöker, in die man sich einfach vertiefen könnte, ohne groß das Denken anzuschalten. Schon nach den ersten Seiten wird aber klar: Der Erzählanspruch ist deutlich höher und die Handlung auch komplex. Komplex zunächst, da viele Figuren auftreten, die erst miteinander verflochten werden, komplex aber auch, da John J. Healey immer mit einem gewissen Humor die Ereignisse karrikiert.
Hat man sich an diesen Erzählstil gewöhnt, so ist die Geschichte des Samurai von Sevilla aber dann doch sehr spannend: In einer Zeit, in der Japan für Europäer immer noch ein mysteriöses Land am Ende der Welt ist, macht sich eine japanische Delegation nach Sevilla auf. Erwarten könnte man nun, dass Der Samurai von Sevilla von den kulturellen Verständigungsproblemen und der Fremdheit zwischen Japanern und Europäern berichtet – aber auch hier sprengt der Roman wieder alle Erwartungen.
Der junge Samurai, der die Hauptrolle im Roman spielt, kann sich nämlich ausgezeichnet verständigen und entfernt sich schon bald von seinen Landsleuten. Statt um Japan oder japanische Kultur oder historische Begegnung zwischen den Kulturen geht es tatsächlich fast nur um Liebe und Intrige – allerdings immer auf einem niveauvollen Level erzählt.
In welche Schublade lässt sich also dieses Buch stecken? Und für wen könnte es überhaupt interessant sein? Wichtig zu wissen ist auf jeden Fall, dass der Samurai von Sevilla nur wenig Samurai und noch weniger Japan beinhaltet.
Fazit
Ein historischer Roman, der aber nicht so stark mit Japan zu tun hat, wie man vermuten könnte.Verfasst am 19. Januar 2018 von Friederike Krempin