Mit die großen Tsunami der Sanriku Küste wurde 2013 erstmals dokumentarische Literatur von Akira Yoshimura veröffentlicht. Nun legt der Iudicium Verlag nach. Dieses Mal nicht mit dem Thema Naturkatastrophen, sondern einer bis vor 50 Jahren noch bedrohlichen Krankheit: den Pocken.
Pocken sind wie Blumen im Schnee
Rote, eiternde Pocken auf einem hellen Arm mit Blumen im Schnee zu vergleichen ist sicher nicht jedermanns Sache. Ursprünglich hieß die rund 100 Seiten umfassende Geschichte bei ihrer Veröffentlichung 1971 so auch Die Geschichte des Dr. Pockennarb. Doch Yoshimura nahm rund 10 Jahre später noch Veränderungen an seiner Erzählung vor: Er ergänzte die Geschichte des Doktors Kasahara Ryôsaku, der die Pockenimpfung in Japan einführte, um weitere historische Dokumente und wählte in diesem Rahmen auch einen neuen, „künstlerischen“ Titel.
Wie die Pockenimpfung nach Japan kam
Im Jahr 1837, als die Erzählung beginnt, sind die jährlichen Pockenepidemien in Japan ein großes Problem. Jährlich sterben ganze Familien und die einzelnen Fürsten sind besorgt, da die Einwohnerzahl in ihren Provinzen radikal zurückgeht.
Im Stil der dokumentarischen Literatur erzählt Yoshimura von den jahrelangen Anstrengungen eines Provinzarztes, die Pockenimpfung in Japan einzuführen und sich damit gegen die traditionelle chinesische Medizin durchzusetzen. Auch wenn sicher einige fiktionale Elemente eingebaut sind, ist der Erzählstil insgesamt sehr nüchtern und konzentriert sich auf die historischen Fakten. Alle Figuren bleiben sehr unpersönlich gezeichnet, außer der Arzt Ryôsaku der sich durch Ehrgeiz, einen starken Willen und ein enormes Durchhaltevermögen auszeichnet.
Die Öffnung zum Westen
Blumen im Schnee ist nicht nur ein Stück Medizingeschichte, an deren Ende steht, dass sich Japan noch stärker der westlichen, insbesondere der deutschen Medizin öffnet, sondern Yoshimuras Erzählung steht auch für die langsame Öffnung zum Westen und den inneren Machtkampf in Japan. Bei der Einführung der Impfung hat Ryôsaku nämlich nicht damit zu kämpfen, wo er die Erreger zur Impfung herbekommt, sondern vor allem damit, welche Patienten sich schließlich von ihm impfen lassen – und solange die ranghohen Beamten und andere Ärzte sich auf die Seite der traditionellen Medizin stellen, steht sein Vorhaben kurz vor dem Scheitern.
Ähnlich wir früher die Pest oder heute Ebola waren die Pocken bis zu ihrer Ausrottung eine lebensbedrohliche Krankheit – für die es übrigens bis heute keine Heilmethode gibt. Blumen im Schnee und die ersten Schritte zur Bekämpfung dieser Krankheit ist deshalb trotz seiner nüchternen Erzählweise spannend zu lesen.
Fazit
Wie die westliche Medizin nach Japan kam - ein Stück Medizingeschichte.Verfasst am 30. August 2015 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 22. August 2019