Die japanisch-koreanischen Beziehungen gelten als nicht gerade einfach, war Japan doch Besatzer von Korea und verschleppte während des 2. Weltkrieges sogar unzählige Koreaner zur Zwangsarbeit nach Japan. Auch Lee Yang-ji hatte als in Japan aufgewachsene Koreanerin mit dieser Vergangenheit zu kämpfen.
1992 überraschend mit 37 Jahren verstorben, hinterließ Yang-ji vor allem Romane, Essays und Texte, in denen sie die Problematik beschreibt, als in Japan geborene und aufgewachsene Koreanerin ihre eigene Identität zu finden. In drei Erzählungen, die sich auf 210 Seiten erstrecken, spielt sie die Problematik immer wieder aus neuer Perspektive, aber mit ähnlichen Figuren durch.
In Der Klageschmetterling und Verehrter Bruder erzählt Yang-ji die Geschichten jeweils einer jungen Koreanerin, die sich zurzeit in Japan aufhält, aber plant nach Korea zu gehen. Zusätzlich belastet durch schwierige familiäre Umstände und den Tod ihrer Geschwister sind die Geschichten durchzogen von Frustration und Ausweglosigkeit. Auch wenn es keine offene Diskriminierung gibt, fühlt sich die junge Frau in Der Klageschmetterling verfolgt und lebt in der ständigen Angst, dass ihr Umfeld entdecken könnte, dass sie Koreanerin ist.
„Auch für mich klangen die Begriffe Koreaner und Japaner wie Worte ohne jeden Bezug zur Realität. Aber ich wusste auch, dass diese Worte mich, sobald ich das Haus verließ, ständig im Angst und Beklemmung versetzten.“ (30)
Die dritte Erzählung, Yuhi, für die Yang-ji 1989 den Akutagawa-Preis erhielt, zeigt die Paradoxie der gesamten Situation: Während in Japan für die koreanischstämmige Japanerin kein normales Leben möglich ist, ist die Flucht nach Korea auch keine Lösung. Die Protagonistin Yuhi geht zum Studium nach Korea, doch sie stellt bald fest, dass die Sprache ihr eigentlich zuwider ist. Obwohl sie Koreanerin ist, spricht sie nur schlecht Koreanisch und fühlt sich mit japanischen Schriftzeichen viel wohler. Interessant an dieser Erzählung, diesmal aus der Sicht einer Koreanerin, ist auch, dass es nicht nur in Japan Ressentiments gegenüber Koreanern gibt, sondern auch andersherum in Korea Ressentiments gegenüber Japanern.
Laut Nachwort konnte Yang-ji ihre eigenen Identitätskrise aufarbeiten, durch ihren frühen Tod mit 37 Jahren gibt es aber leider keine Erzählungen, die diese positive Erfahrung verarbeiten. So zeichnet Yangji ein trauriges, frustrierendes Bild: Die sogenannten zainichi, die in Japan lebenden Koreaner, bleiben Wandler zwischen den Welten, die nirgendwo zu Hause sind. Bücher in deutscher Übersetzung, die sich mit dieser Problematik auseinandersetzen, gibt es bisher kaum.
Fazit
Schonungslos und ungeschminkt erzählt Yang-ji von der Situation der in Japan aufgewachsenen Koreaner.Verfasst am 1. August 2013 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 6. Mai 2019