Michaela Vieser hat Japanologie und Kunstgeschichte in London studiert. Für ihren Studienaufenthalt in Japan entschied sie sich nicht wie herkömmlich für ein Auslandssemester an einer japanischen Uni, sondern für ein Jahr in einem buddhistischen Kloster.
Japan ist für viele eine Projektionsfläche für das, was sie in der eigenen Kultur nicht finden, erklärt Michaele zu Beginn. Diese Beobachtung entspringt wohl ihrer eigenen Erfahrung, denn auch sie hat anfangs an ein Leben im Kloster ganz andere Erwartungen: Ruhe, zu sich selbst finden und erleuchtet werden.
Stattdessen ist das Kloster, das mitten in der Stadt liegt, ziemlich weltlich: die meisten Mönche haben Frau und Kinder, die mit im Kloster leben. Gewohnt und gegessen wird in einem modernen Gebäude mit normalem Besteck – an Michaelas erstem Abend gibt es kein Sushi, sondern Rindfleisch mit Kartoffeln und Möhren.
Der Aufbau von Michaelas Bericht ist recht ungewöhnlich: anstatt chronologisch zu vorzugehen, behandelt sie in einzelnen Kapiteln bestimmte Themen oder erzählt von Freundschaften mit bestimmten Menschen, wie Herrn Hirano, der sie zum Kendô-Training begleitet, von ihrem Kalligrafieunterricht, von einem Aufenthalt in einem Bergkloster und so weiter. Diese Aufteilung macht das Buch sehr angenehm und einfach lesbar, da die vielen fremden Eindrücke so ngebündelt, verarbeitet werden können.
In ihrer Zeit im Kloster versucht Michaele die japanische Kultur zu verstehen und in sich aufzunehmen: Sie geht auf ihre Mitbewohner ein, versucht sich in deren Wirklichkeiten hineinzuversetzen und mit den ihr anfangs so fremden Menschen Gemeinsamkeiten zu finden.
Viesers Buch ist weniger ein Bericht über den Buddhismus als vielmehr eine Hilfe dazu, wie man trotz unterschiedlichen Kulturen und anfänglichen Sprachschwierigkeiten Gemeinsamkeiten erreichen kann. Wer sich über den Buddhismus informieren will, sollte deshalb eher zu einem Sachbuch über Religion greifen. Wer Interesse an japanischer Kultur hat und vielleicht selbst nach Japan reisen will, für den ist dieses Buch genau richtig.
Fazit
Dies ist kein Buch über den Buddhismus, sondern ein ganz persönlicher Bericht über das Leben in einer fremden Kultur.Verfasst am 22. September 2010 von Friederike Krempin
Tags: Buddhismus, Deutsche in Japan