Die italienische Autorin Dacia Maraini hat eine ganz besondere Verbindung zu Japan: Als Kind erlebte sie dort den zweiten Weltkrieg in einem Internierungslager. Von diesen Erlebnissen berichtet sie nun in diesem Buch.
Darias Vater Fosco ist Anthropologe und ein hochgebildeter Mann, der sich in den 1940er Jahren beruflich mit seiner Familie in Japan aufhält. Die Familie ist gut integriert und beschäftigt sogar ein japanisches Kindermädchen, das Dacia und ihren Geschwistern die japanische Kultur vermittelt. Für Dacia geht die kulturelle Integration sogar so weit, dass sie sich, als sie nach Italien zurückkehrt, zunächst als Japanerin fühlt.
Doch vor ihrer Rückkehr nach Italien stehen zunächst zwei Jahre der Internierung in einem japanischen Lager. Als sich Dacias Eltern weigern, Mussolini ihre Treue zu schwören, werden sie gemeinsam mit weiteren Italienern als politische Dissidenten klassifiziert und interniert.
Dacia und ihre Familie leiden an Hunger, Kälte und dem Sadismus der Wärter. Die anfängliche Schicksalsgemeinschaft der Gefangenen, die alles teilt und demokratisch entscheidet, erodiert unter zunehmenden Hunger und den ständigen Bombenangriffen der Alliierten.
Zum Zeitpunkt ihrer Internierung war Dacia selbst erst sieben Jahre. Da sie nach eigener Aussage zu diesem Zeitpunkt nicht alle Ereignisse und schon gar nicht den Kontext des Ganzen richtig erfassen konnte, greift sie im Bericht auf Tagebucheinträge und Notizen ihrer Eltern zurück. Dies nimmt der Erzählung teilweise die Unmittelbarkeit, ohne jedoch die starke Grausamkeit der Erlebnisse zu schmälern.
Mit fortschreitender Erzählung bindet die Autorin zudem weitere Quellen mit ein, mit deren Hilfe sie umfangreiche Erläuterungen zu Konzentrationslagern in Deutschland, der Entwicklung des Faschismus in Japan und der japanischen Kultur vornimmt. Für Erläuterungen zur japanischen Kultur greift sie insbesondere auf Ruth Benedicts Chrysantheme und Schwert zurück.
Mit Das Lager in der Wüste, Als der Kaiser ein Gott war und Keiko wurden bisher vor allem Romane bzw. Berichte zur Internierung von Japanern in amerikanischen Lagern veröffentlicht. Mit Ein halber Löffel Reis liegt nun ein Zeitzeugendokument vor, das spiegelbildlich die gegengesetzte politische Seite zeigt.
Fazit
Ein spannender und zugleich bedrückender Rückblick in die Kindheit der Autorin in einem japanischen Internierungslager.Verfasst am 7. September 2025 von Friederike Krempin