Seit 15 Jahren hat Yoichi seinen Vater in Tottori nicht mehr besucht, obwohl seine Heimatstadt nur zwei Flugstunden von Tokyo entfernt ist. Nun ist der Vater plötzlich vestorben. Als Yoichi in Tottori ankommt, wird er wieder Erwarten von seinen Verwandten herzlich aufgenommen. Die vertrauten Menschen und Orte bringen Yoichi dazu, sich mit der Vergangenheit und seinem Verhältnis zu seinem Vater auseinanderzusetzen.
Eigentlich ist sich Yoichi selbst so gar nicht richtig klar darüber, warum er einen Groll gegen seinen Vater hegt. Oberflächlich ist es ihm natürlich klar: Der Grund dafür liegt in seiner Kindheit und der Trennung seiner Eltern, an der er seinem Vater die Schuld gibt. Und irgendwie fühlt er auch intuitiv, dass diese mit dem großen Feuer zu tun haben muss, dass 1952 das ganze Stadtzentrum zerstört hatte.
Im Grunde aber weiß Yoichi so gut wie gar nichts über seine Eltern. Erst auf der Trauerfeier erzählen ihm seine Verwandten Geschichten und – verknüpft mit seinen eigenen Kindheitserinnerungen – setzt er seine Vergangenheit wie ein Puzzle wieder zusammen.
Die Sicht der Dinge unterscheidet sich deutlich von anderen japanischen Comics („Mangas“) durch seine ruhige Erzählart und die ernsten Themen. Yoichi muss nicht nur mit dem Verlust umgehen, sondern lernt auch, andere Perspektiven einzunehmen. Die Realisierung der Geschichte als Graphic Novel passt auch inhaltlich sehr gut zum Buch, da Yoichis Rückblenden alle sehr bildhaft sind – wie sollte man diese besser illustrieren als mit einem Comic.
Taniguchis Zeichenstil ist sehr filigran und realistisch. Er legt wert darauf, neben genau gezeichneten Figuren auch die Hintergründe detailreich zu gestalten. Durch einen hohen Anteil an Landschaftsbildern und Darstellungen der Stadt lässt das Buch ein Gefühl davon aufkommen, wirklich in einer japanischen Stadt der 50er Jahre zu sein.
Manchmal kommt die Einsicht zur Aussöhnung zu spät. Doch manchmal macht auch gerade erst ein Ereignis wie der Tod die Auseinandersetzung möglich. So ist Taniguchis Geschichte traurig, zugleich aber auch heilsam, denn sie vermittelt: „Wir kehren nicht in unsere Heimat zurück … sondern die Heimat kehrt eines Tages in unsere Herzen zurück.“ (S. 278)
Fazit
Warum immer nur Bücher lesen? Dieser "Comic" ist mit seiner ernsthaften, ruhigen Geschichte geistreicher als so manche Bücher!Verfasst am 3. Juli 2011 von Friederike Krempin
Tags: Feuer von Tottori, Heimat, Jiro Taniguchi, Scheidung, Versöhnung