Wenn eine japanische Schriftstellerin über das Leben eines in Deutschland weitgehend unbekannten japanischen Schriftstellers schreibt, muss das nicht unbedingt für deutsche Leser interessant sein. Wenn dieser Schriftsteller für seine Zeit aber eher untytpisch und dazu noch unter grausamen Umständen zu Tode gekommen ist, bekommt die Geschichte aber eine ganz andere Relevanz.
Leben eines Sozialisten im faschistischen Japan
Takiji Kobayashi war in Japan zu seiner Lebzeit ein durchaus bekannter Schriftsteller. Aufgewachsen zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte er nicht nur die schwierige wirtschaftliche Lage hautnah mit, sondern auch die Expansionspolitik des langsam immer nationalistischer werdenden Japans. Takiji wächst selbst in einer armen Familie auf, die trotz ihrer prekären Lage viel Wert auf Bildung legt. So kann als einer der ältesten Söhne eine höhere Schule besuchen und schafft es schließlich bis zum Bankangestellten. Er setzt sich aber weiterhin für die ärmeren ein, ist immer hilfsbereit und opfert seine lukrative Arbeit schließlich zugunsten einer Schriftstellerkarriere. Mit seinen sozialistisch und kommunistisch beeinflussten Romanen gerät er schnell in die Schusslinie der Nationalisten, wird verfolgt und schließlich zu Tode gefoltert.
Takijis Mutter erzählt
Spannend wird die Geschichte durch die Erzählperspektive: Ayako Miura erzählt Takijis Lebensgeschichte aus der Perspektive seiner Mutter, einer Analphabetin, die mit 13 Jahren an einen deutlich älteren Mann verheiratet wurde. Takijis Gedankengänge kann sie nur beschränkt nachvollziehen, seine Bücher hat sie nie gelesen, aber sie kann ihren Sohn aus ihrer einfachen Sichtweise bewerten. Aus ihrer naiven Sichtweise heraus befindet sie, dass Takiji ein guter Junge war. Für sie bleibt es absolut unverständlich, warum er sterben musste, nur weil er ein paar Bücher geschrieben hat.
Die einseitige Sichtweise lässt Zweifel daran aufkommen, ob Takiji tatsächlich immer der gute Junge war, für den sie ihn hält. Andererseits wirft ihre naive Erzählweise auch ganz deutlich die Frage auf, wieso ein Mensch nur wegen seiner Anschauung so grausam verfolgt werden muss.
Mit Charme erzählt
Die naive Sichtweise von Takijis Mutter hat durchaus ihren Charme. Zudem erzählt sie aus einer sehr spannenden Zeit und beleuchtet die Perspektive einfacher Leute vom Land, ähnlich wie sie zum Beispiel auch Ichiyo Higuchi in ihren kurzen Erzählungen beschreibt. Mein Sohn Takiji ist damit eine interessante Erzählung über diese Zeit, auch wenn sie weitgehend sachlich bleibt und auf Ausschmückungen und Dramatisierungen der wirklich interessanten Stellen von Takijis Leben verzichtet.
Fazit
Die bewegte Lebensgeschichte eines Kommunisten in Japan kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.Verfasst am 27. August 2014 von Friederike Krempin
Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 22. August 2019