1946, knapp ein Jahr nach Kriegsende, versucht Shigematsu seine Nichte Yasuko zu verheiraten. Doch er findet keinen geeigneten Partner, denn es hält sich das Gerücht, Yasuko sei am Morgen des 6. August beim Atomangriff auf Hiroshima atomar verseucht worden. Anhand von Tagebucheinträgen und Berichten rekonstruiert Shigematsu das Geschehen, um Yasukos Gesundheit zu beweisen.
Aber beim Durchsehen von Yasukos Tagebuch merkt Shigematsu, dass die Vorwürfe durchaus berechtigt sein könnten: Yasuko ist nämlich nach der Bombenexplosion in den gefährlichen schwarzen Regen gekommen, der sich in dicken schwarzen Tropfen fest auf ihre Haut gesetzt hat. Doch noch ist Yasuko gesund und auch Shigematsu leidet nur an einer leichten Form der Strahlenkrankheit, obwohl er direkt nach der Explosion in den Trümmern von Hiroshima herumgelaufen ist.
Shigematsu gleicht deshalb Yasukos Einträge mit seinem eigenen Tagebuch ab, woraus sich schließlich die Nacherzählung seiner eigenen Erlebnisse zwischen dem Bombenabwurf am 6. und dem Kriegsende am 15. August ergibt.
Ibuse montiert mehrere Ebenen: erzählt werden die Erlebnisse rückblickend und sekundär vermittelt durch Shigematsu in Form von Tagebucheinträgen und kurzen Berichten von fremden Personen, die Shigematsu alle in einem Notizbuch zusammenfügt.
Durch die vielen unterschiedlichen Perspektiven, die Ibuse so im Buch vereint, wirken die Erlebnisse sehr authentisch. Ibuse lässt viele Menschen sprechen, vermittelt das Geschehen nur indirekt und macht damit begreifbar, wie wenig das eigentliche Grauen, trotz Berichten und Bildern, erfassbar ist und wie wenig ein einzelner Mensch das Ausmaß der Katastrophe beschreiben kann.
Nicht nur die Erlebnisse des 6. August, Shigematsus Streifzug durch das zerstörte Hiroshima, sind schockierend, sondern vielmehr die Folgen der Atombombe, die sich erst Tage oder Monate später bemerkbar machen – so auch bei Yasuko: noch während Shigematsu die Aufzeichnungen sammelt, erkrankt sie plötzlich. Die Symptome der Strahlenkrankheit werden genau beschrieben, vom Ausfallen der Haare und Zähne bis zu eiternden Abszessen, in denen sich Maden festsetzen.
Das kollektive Schicksal der Bewohner von Hiroshima zeigt sich in also in Yasuko: zum Einen leidet sie unter gesellschaftlicher Ausgrenzung, als wäre sie eine Aussätzige, zum Anderen ist sie der viel zu wenig erforschten Strahlenkankheit hilflos ausgesetzt ist.
Fazit
Die Geschehnisse in Hiroshima sind so grausam, dass sie keiner dramatischen oder erzählerischen Ausschmückung bedürfen. Ibuses nüchterner Bericht ist da angemessen.Verfasst am 6. August 2010 von Friederike Krempin
Tags: Atombombe, Atomkraft, Hiroshima, Zweiter Weltkrieg